Der Sammelband "Das Unternehmen Krieg" von Dario Azzellini und Boris Kanzleiter mischt sich in die Diskussion über die neuen Kriege ein. Den einfachen Vorstellungen von ethnischen und religiösen Extremisten, die ganze Regionen in Chaos und Kriege stürzen, setzen Azzellini und Kanzleiter das Bild des rational agierenden Kriegsunternehmers im globalisierten Kapitalismus entgegen. Deutlich stellen die Kriegsanalysen einen parallelen Prozess der Privatisierung des Militärischen in unterschiedlichen Regionen wie Kolumbien, Angola und Indonesien dar. Sie zeigen, wie der Drogenhandel in Afghanistan die Herrschaftsstruktur der Warlords stabilisiert, da die Gewinne daraus ähnlich hoch sind wie die zugesagten Hilfsgelder. Oder wie die nationale Armee Indonesiens ganz wesentlich von indonesischen Konzerngruppen getragen wird.
Im Gegensatz zum Bild archaischer "Stammeskriege" in Afrika betont Björn Aust am Beispiel des Kongo die Rationalität staatlicher wie nichtstaatlicher Kriegsakteure, die sich ihre Monopolzugänge zu Bodenschätzen sichern und Friedensverhandlungen aus ökonomischen Motiven scheitern lassen. In Kolumbien wiederum bieten private Militärkonzerne Risikoberatung, Geiselbefreiungstraining, sowie die Wartung von Helikoptern an. Einige der US-amerikanischen Firmen sind in den Kampf gegen die Farc-Guerilla involviert und handeln dabei im Auftrag der US-Regierung.
Thomas Seibert ordnet "die neue Kriegsordnung" als Teil der Reproduktion kapitalistischer Herrschaft ein. Die weltweite Ausbreitung des Postfordismus mit seiner Dominanz des immateriellen Sektors führe zum systematischen Ausschluss der vollständig Marginalisierten, was er als "barbarisierte Rückseite des globalen Kapitalismus" bezeichnet. In diesem Raum der vierten Welt sei "die neue Kriegsordnung" eine "eigengesetzlich regulierte und auf ihre eigene Reproduktion ausgerichtete Ökonomie geworden." Die Dominanz des Westens gründe allein auf überlegener Gewalt, konkret in den Bedrohungsszenarien der "Krisenprävention" und des Antiterrorismus. Die Auseinandersetzungen zwischen EU und USA beschreibt er als einen Wettbewerb um die multi- oder unilaterale "Form der Einrichtung, Durchsetzung und Ausübung des imperialen Gewaltmonopols".
Boris Kanzleiter zeigt am Beispiel der "Krieg und Frieden GmbH", also der privaten Militärkonzerne, dass die Entstaatlichung des Krieges kein natürlicher, sich selbst entwickelnder Globalisierungsprozess ist, sondern in erheblichem Umfang "vom Westen" forciert wird. "Nur Funktionen, die unbedingt vom Verteidigungsministerium selbst erfüllt werden müssen, sollen dort angesiedelt bleiben", erklärt US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. In den Vorständen der größten privaten Militärunternehmen sitzen Generäle und Geheimdienstler, die zuvor in staatlichen Diensten arbeiteten und von ihren alten Arbeitgebern jetzt Aufträge erhalten.
In Herfried Münklers Buch "Die neuen Kriege" steht der historische Vergleich zum Dreißigjährigen Krieg im Vordergrund, der quasi volkswirtschaftliche Hintergrund der Kriegsunternehmer "im Prozess der wirtschaftlichen Globalisierung" wird als gegeben hingenommen. Gerade dazu bieten die materialistischen Analysen von Kanzleiter und Seibert eine tiefer gehende Opposition. Kanzleiter hat mit seiner Sichtweise der Bürgerkriege Jugoslawiens deutlich gezeigt, wie sich ökonomische und ideologische Funktionen ergänzen. Dieser Aspekt kommt sonst meist zu kurz - aber er hilft ethnizistische und kulturalistische Denkschablonen aufzubrechen.