Krieg als Geschäft auch für Kriminelle
Militär-Dienstleister für schmutzige Jobs
Als kolumbianische Guerilleros der linksgerichteten Farc Mitte Februar im Süden des Landes ein Propellerflugzeug mit Amerikanern an Bord abschossen und drei der Insassen anschließend entführten, hieß es in den Meldungen darüber, "US-Regierungsvertreter" seien in der Hand der Rebellen. Tatsächlich handelte es sich aber weder um Beamte eines US-Ministeriums noch um nordamerikanische Drogenfahnder oder gar um Soldaten der US-Armee. Die Amerikaner in dem Flugzeug über dem kolumbianischen Dschungel waren nach Recherchen von Dario Azzellini Mitarbeiter des Militär-Unternehmens DynCorp, weltweiter Branchenführer der privaten Sicherheitsindustrie aus den USA, das im Auftrag der kolumbianischen und der US-Regierung die Bewegungen einer Einheit der Farc-Guerilleros beobachtete.
Die Arbeit privater Militär-Firmen in Kolumbien ist keineswegs ein Einzelfall. Im Gegenteil. Der Politik-Wissenschaftler Azzellini und der Historiker und Journalist Boris Kanzleiter zeigen in dem von ihnen herausgegebenen Buch "Das Unternehmen Krieg - Paramilitärs, Warlords und Privatarmeen als Akteure der neuen Weltordnung" die vielfältigen Aktivitäten und Einsatzgebiete nichtstaatlicher Militär-Dienstleister in Entwicklungs- und Schwellenländern.
In den Kriegen der 90er Jahre auf dem Balkan sieht Kanzleiter unter dem Deckmantel großer Vokabeln wie "Selbstbestimmungsrecht der Völker", "Freiheit" und "Schutz der Minderheiten" vor allem auch paramilitärisch organisierte Mafiabanden und andere Gewohnheitskriminelle am Werk. Die kriminell-institutionellen Komplexe benutzten den Ethno-Nationalismus als Identifikationsfolie nach innen und Tarnung nach außen. So habe es im Jahr 2001 an der mazedonisch-kosovarischen Grenze keinen "ethnischen Konflikt" gegeben, sondern eine blutige Auseinandersetzung rivalisierender kosovarischer Gangstergruppen um die Kontrolle einer Drogen-Schmuggelroute.
Afghanistan, Angola, Guatemala, Indonesien, Jugoslawien, Kongo, die Türkei: die Liste der Staaten, in denen privatisierte militärische Strukturen darauf ausgerichtet sind, die Bürger zu unterdrücken und das Land illegal auszubeuten, ist lang. Azzellini, Kanzleiter und ihre Co-Autoren haben ein enorm informatives, faktenreiches Buch zusammengetragen. In einem Kapitel lenken sie den Blick auf den US-Sicherheits-Konzern DynCorp. Der Autor des Kapitels, Dieter Drüssel, berichtet über Rechtsbrüche von DynCorp-Mitarbeitern in Kolumbien oder Bosnien - vom Drogenschmuggel bis zum Kindesmissbrauch. Taten, die offenbar von der auftraggebenden US-Regierung gedeckt wurden. Drüssels Schluss: Durch "die privatisierte Außenpolitik" entstehe ein "Raum faktischer Straflosigkeit".
Die Herausgeber belassen es nicht bei der Einzelfallanalyse, sondern ordnen die Aktivitäten der privaten Militär-Dienstleister und Paramilitärs ein als Teil der "barbarisierten Rückseite" des globalen neoliberalen Kapitalismus. Dieser führe an den Peripherien der Welt zu den viel zitierten "Neuen Kriegen", der oftmals beklagte Staatszerfall werde "in erheblichem Umfang vom Westen forciert". Auch wenn man der - leider zum Teil in schwer verständlichem Soziologendeutsch - Analyse nicht in allen Punkten folgen mag, füllt das Buch eine wichtige Lücke in der Literatur über die Kriege und Kriegsherren der Welt.