Die Konstruktion eines neuen Machtkonzepts: Wie funktioniert die „Partizipative Demokratie“ gemäß der Verfassung von 1999?

'Die Konstruktion eines neuen Machtkonzepts: Wie funktioniert die „Partizipative Demokratie“ gemäß der Verfassung von 1999?' Vortrag im Rahmen des Internationalen Kongresses: Venezuela nach Hugo Chávez

20. – 21. April 2013, Universität zu Köln, Köln (D)

Als sich Präsident Hugo Chávez am 7. Oktober 2012 zur Wiederwahl stellte, hatte die Weltöffentlichkeit mit Spannung nach Venezuela geschaut. Der Kandidat der Opposition, Henrique Capriles Radonsky, enthielt mit 6,5 Millionen Stimmen mehr Unterstützung als die vorherigen Herausforderer des Präsidenten im Laufe der letzten 14 Jahre. Die Popularität von Chávez blieb allerdings mit 8 Millionen Stimmen sehr hoch. Doch unabhängig von Chávez’ Wahlerfolg bei den „Megaelecciones“ stand das polarisierte Land vor zahlreichen Herausforderungen. Bereits seit Bekanntgabe seiner Krebserkrankung im Jahr 2011 hat die Frage, ob es auch einen Chavismo ohne Chávez gibt, stark an Bedeutung gewonnen. Aber was bedeutet „Chavismo“? Handelt es sich bei der „Revolución Bolivariana“ um eine autokratisch gesteuerte Massenbewegung oder um einen komplexen gesellschaftlichen Transformations-prozess mit einer Vielzahl an Faktoren, unter denen der in der Zwischenzeit verstorbene Präsident Chávez vorrangig als Katalysator zu verstehen war? Wissenschaftliche Diskussionsrunden zu dieser Fragestellung sind in Deutschland bislang eine Rarität. Als Historiker und Politikwissenschaftler an der Universität zu Köln wollen eine Woche nach der Neuwahl des venezolanischen Präsidenten die gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit zu einem interdisziplinären Gedankenaustausch nutzen.

Komplettes Programm: http://www.venezuela-colonia.eu/

Referenten

AZZELINI, Dario (Universität Linz)
CHAVES SAMUDIO, Rodrigo (Botschafter der Bolivarianischen Republik Venezuelas in Berlin)
DANILJUK, Malte (Amerika 21)
ELLNER, Steve (Universidad de Oriente- Puerto La Cruz, Venezuela)
JIMÉNEZ, Atenea (Red de Comuneros y Comuneras, Venezuela)
KRESSE, Michael (Universität zu Köln)
NEUBER, Harald (Amerika 21)
OTÁLVARO, Andrés (Universität zu Köln)
WILPERT, Gregory (Brooklyn College, New York, NY / venezuelanalysis.com)
ZEUSKE, Michael (Universität zu Köln)


Unter anderen panels auch das folgende panel:
20.4.2013, 14:30 – 16:00 Uhr

Panel 2: Die Konstruktion eines neuen Machtkonzepts: Wie funktioniert die „Partizipative Demokratie“ gemäß der Verfassung von 1999?

Referenten: Dario Azzellini, Rodrigo Chaves Samudio, Edinson Alvarado

Korruption, Ineffizienz, Klientelismus und Misswirtschaft haben traditionell die politische Kultur und die politischen Institutionen in Venezuela geprägt. Venezuelas System der repräsentativen Demokratie war Ende der 1990er Jahre so stark delegitimiert, dass mit Hugo Chávez der größte politische Außenseiter die Präsidentschaftswahl klar gewinnen konnte. Chávez gewann die Wahl u. a. mit dem Versprechen, dieses System radikal umzugestalten. Die kurz darauf vom Volk gewählte „Asamblea Constituyente“ (Verfassungsgebenden Versammlung) hat 1999 eine neue, „bolivarianische“ Verfassung ausgearbeitet. Diese hat ein neues Machtkonzept und neue Institutionen mit einer neuen „bolivarianischen“ politischen Klasse sowie eine relativ hohe Anzahl an Wahlen und eine innovative Demokratievision, die so genannte „Partizipative Demokratie“, hervorgebracht. Diese Demokratievision fördert die aktive Beteiligung aller Bürger und damit auch der Marginalisierten, die im alten, von der „sociedad de castas“ (koloniale Kastengesellschaft) geprägten System weitgehend von einer wirkungsvollen Partizipation ausgeschlossen waren. Die neue Institutionalisierung ist Ausgangspunkt des gegenwärtigen gesellschaftlichen Wandlungsprozesses. Dieser Prozess beinhaltet sowohl die tiefen inneren Widersprüche als auch Innovationen in Bezug auf demokratische Organisationsformen mit einer direkteren Einbindung der Bürger in den politischen Willensbildungsprozess. Kritiker des neuen Machtkonzepts bemängeln vor allem eine Machtkonzentration des Präsidenten und die fortwährend paternalistisch geprägte politischen Kultur, Befürworter heben dagegen die gestiegene Demokratisierung vor allem auf lokaler Ebene und den progressiven Charakter hinsichtlich der politischen und sozialen Bürgerrechte hervor.


Veranstaltungsort:
Universität zu Köln | Köln | Deutschland
http://www.uni-koeln.de/