KOMMENTAR Wahlen in Kolumbien
Hardliner auf Siegeskurs
Dem rechtsradikalen Àlvaro Uribe Vélez werden nach jüngsten Meinungsumfragen bei den Präsidentschaftswahlen kommenden Sonntag in Kolumbien 49 Prozent der Stimmen prophezeit. Danach würde er zwar in der ersten Runde die absolute Mehrheit knapp verfehlen; dass er jedoch bei der dann fälligen Stichwahl endgültig den Sieg davonträgt, ist jetzt schon klar. Wie lässt sich die Konkurrenzlosigkeit dieses Bewerbers, mit dem Kolumbiens innere Konflikte absehbar verschärft werden, erklären?
Zunächst verzichteten die regierenden Konservativen nach ihrer Schlappe bei den Parlamentswahlen auf einen eigenen Kandidaten und unterstützen mehrheitlich Uribe Vélez. Zum anderen wächst angesichts der schweren Anschläge der Guerillaarmee FARC auf die städtische Infrastruktur die Sehnsucht der Bevölkerung nach starker Führung. Bereits 2001 forderte Uribe Vélez den Abbruch der Gespräche mit der Guerilla und verlangte die Bewaffnung von "einer Million Zivilisten" als Gegenwehr; das traf auf offene Ohren. Zweitrangig scheinen für viele Wähler die Konsequenzen eines solch offensiven Regierungsstils. Bereits als Gouverneur von Antioquia hatte Uribe Vélez die privaten Killertruppen Convivir gegründet, die 200.000 Menschen zur Flucht zwang und Tausende ermordete. Anklang findet die martialische Rhetorik des mutmaßlich künftigen Präsidenten Kolumbiens auch bei der Bush-Regierung, die offenkundig hofft, ein fortgesetzter Bürgerkrieg werde die Drogeneinfuhr in die USA zügeln lassen. Über Uribe Vélez´ Verbindungen zu den Paramilitärs der AUC - die 2001 auf die US-Terrorliste gesetzt wurden -, wird galant hinwegsehen, werden dessen persönliche Verwicklungen in Narco-Geschäfte von der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA sogar vertuscht.
Der Ruf, vor allem der urbanen Mittelschichten, nach hartem politischen Durchgreifen zeigt sich ebenso bei dem erwarteten Zweiten der Wahl, dem Kandidaten der Liberalen Horacio Serpa Uribe, nach Umfragen derzeit bei 23 Prozent liegend. Unter Präsident Gaviria Anfang der neunziger Jahre leitete er die Verhandlungsdelegation der Regierung mit der damals bestehenden Guerillakoordination. Allerdings scheiterten die Gespräche noch bevor sie begannen.
Unter diesen Bedingungen kann der Einheitskandidat der Linken, Luis Eduardo Garzón, bestenfalls mit einem Achtungserfolg rechnen, setzt sich doch der Gewerkschaftsvorsitzende für eine politische Lösung des im Land schwelenden Bürgerkriegs ein. Gänzlich chancenlos sind hingegen alle anderen Mitstreiter um den Präsidentenposten, so auch die seit Monaten von der FARC entführte Ingrid Betancur. Im Wahlkampf verteilte sie auf den Straßen Bogotas Viagra, "damit das Land wieder hoch kommt". Im Windschatten des internationalen "Antiterrorkriegs" der USA erfahren derzeit jedoch einzig die kolumbianischen Hardliner Auftrieb.
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