30 000 protestierten gegen die Zerstörung ihrer Felder durch Pestizide
Kolumbiens Eliten gegen Kokabauern
Dieser Tage stellten nach einem massiven Armee-Einsatz kolumbianische Koka-Bauern ihre Proteste ein. Zehntausende hatten seit Anfang Dezember in den Provinzen Guaviare im Osten und Putumayo im Süden des Landes gegen die Zerstörung ihrer Felder durch Unkrautvernichtungsmittel demonstriert.
Kolumbien gilt als weltweit größtes Anbaugebiet von Koka. Laut Regierungsangaben sollen etwa 40.000 Hektar damit bepflanzt sein, weitere 10.000 mit Marihuana und etwa 20.000 Hektar mit Schlafmohn. Letzterer dient zur Herstellung von Opium und Heroin, deren Konsum in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen hat.
Die Nationale Rauschgiftbehörde (DNE) besprüht vermeintliche Koka- und Schlafmohnfelder aus der Luft mit dem Unkrautvernichtungsmittel Glifosat. Zwar wird versichert, es handle sich um ein Produkt mit "niedrigem Giftgehalt". In den betroffenen Regionensterben jedoch immer wieder Kinder, die sich bei den Besprühungen auf den Feldern oder in unmittelbarer Nähe aufhielten. Außerdem werden durch die Einsätze auch andere Nutzpflanzen zerstört. Die Bauern fordern deshalb eine Aussetzung der Sprühaktionen zumindest bis ein Bericht des Umweltministeriums über die Wirkung von Glifosat auf Menschen vorliegt.
Unterdessen soll die US-amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde DEA planen, illegale Anbaugebiete in Kolumbien mit dem Unkrautvernichtungsmittel Velpar zu besprühen. Es verursacht erwiesenermaßen Krebs sowie Störungen des Nervensystems und der Sehfähigkeit. Obwohl selbst die Hersteller vor dem Einsatz aus der Luft und in der Nähe von Flüssen warnen, plant die DEA einen Großeinsatz mit 20 Flugzeugen.
Statt Sprühaktionen dieser Art durchzuführen, fordern die betroffenen Bauern von der Regierung Alternativen zum Koka-Anbau. Über 100.000 Familien sind vom Verkauf abhängig, da die Preise für andere landwirtschaftliche Produkte sehr niedrig sind oder die fehlende Infrastruktur ihren Transport erschwert. Koka ist für viele deshalb einzige Alternative zur Abwanderung in die Slums der Großstädte. Doch auch diese Einnahmen garantieren gerade das Überleben. Das Geschäft machen die großen Kartelle, deren Mitglieder zum Teil einflußreiche Persönlichkeiten in Wirtschaft, Politik und Armee sind. Da die Regierung nicht auf die Forderungen der Bauern einging, besetzten Anfang Dezember mehr als 3000 von ihnen den Flughafen der Stadt San José im südlichen Urwalddepartment Guaviare, um den Start der Sprühflugzeuge zu verhindern. Die Protestaktionen weiteten sich im Laufe des Dezembers immer weiter aus, bis über 30.000 Menschen auf dem Flughafengelände kampierten. Zeitgleich besetzten 1000 Bauern in der Provinz Putumayo sieben Pumpstationen der kolumbianischen Erdölgesellschaft ECOPETROL. Die Förderausfälle gingen in Millionenhöhe.
Die Regierung bezeichnete die Proteste als "von der Drogenmafia finanziert", die Bauern würden "von der Guerilla zur Teilnahme gezwungen". Bogota reagierte mit der Entsendung mehrerer Tausend Soldaten, darunter Eliteeinheiten. Angesichts des massiven Drucks wurden die Proteste eingestellt, obwohl die Regierung lediglich zusagte, künftig Felder bis drei Hektar Größe nur manuell besprühen zu lassen. Daß dies in diesen strukturschwachen Gebieten keine Lösung ist, liegt auf der Hand.