Abkommen zwischen Regierung und Opposition in Venezuela
Vertreter der venezuelanischen Regierung unter dem linkspopulistischen Präsidenten Hugo Chávez und der rechten Opposition einigten sich Ende Mai auf ein 19 Punkte umfassendes Abkommen zur friedlichen Beilegung des politischen Konflikts. Vor gut einem Jahr hatten oppositionelle Kräfte versucht, den gewählten Präsidenten Chávez per Putsch zu stürzen; um den Jahreswechsel mobilisierten sie zu einem Generalstreik, der die Regierung zu Fall bringen sollte - wiederum ohne Erfolg.
In dem Abkommen verpflichten sich beide Seiten, eine Lösung in Form von Wahlen im Rahmen der Verfassung zu suchen. Das bedeutet, dass die rechtsgerichtete Opposition nach monatelangen Gesprächen erstmals eine demokratische Lösung gemäß der geltenden Verfassung akzeptiert. Demnach müssen die Mitglieder des Nationalen Wahlrates einvernehmlich von der Nationalversammlung ernannt werden und dann die Richtlinien zur Durchführung von Volksabstimmungen festlegen, die die Abwahl politischer Amtsträger auf verschiedenen Ebenen - Bürgermeister, Gouverneure, Abgeordnete und eben auch Präsident Hugo Chávez - nach Ablauf der Hälfte ihrer Amtszeit ermöglichen.
Genau diese Vorgehensweise hatte die Opposition in den vergangenen anderthalb Jahren stets abgelehnt. Doch trotz eines Putschversuchs, der Sabotage der Erdölindustrie, dem Abzug von über 33 Milliarden US-Dollar in vier Jahren, der Kontrolle sämtlicher Medien und der Unterstützung seitens der USA war es der rechten Opposition nicht gelungen, den linkspopulistischen Präsidenten Chávez aus dem Amt zu vertreiben - so dass nun offenbar doch der "legale Weg" eingeschlagen werden muss.
Doch man kann davon ausgehen, dass die USA und die mit ihnen verbündete venezolanische Opposition weiterhin alles daran setzen werden, die Chávez-Regierung zu stürzen. Die Ernsthaftigkeit der Opposition bezüglich der im Abkommen mit der Regierung nun getroffenen Vereinbarungen ist ohnehin zweifelhaft. Obwohl in dem Ende Mai öffentlich gemachten Papier auch von Gewaltverzicht die Rede ist, rief die ehemalige Regierungspartei Acción Democrática (AD) einen Tag später zur "Rückeroberung des Westens" auf. Während der von Reichen bewohnte Osten der Hauptstadt Caracas weitgehend von der Opposition dominiert wird, gilt der Westen der Stadt als Territorium der Regierungsanhänger.
Die AD-Demonstration im Viertel Catia mobilisierte 2.000 Personen. BewohnerInnen des Stadtteils blockierten andererseits die Straßen, um den Demonstranten den Weg zu versperren. Während der Demonstration eröffneten Unbekannte das Feuer. Dabei wurden mindestens elf Personen verletzt und eine getötet. Wie schon oft erschienen die Sprecher der Opposition erst nach dem Zwischenfall auf der Demonstration und beschuldigten die Regierung der Repression. Doch bei dem Toten, Modesto Martínez, handelte es sich um einen Basis-Aktivisten der Regierungspartei MVR.