Polizei ging gegen Siedlung rechtsextremer Chiledeutscher vor
Aus für die Colonia Dignidad?
Nur einen Tag nach seiner illegalen Wiedereröffnung wurde das Krankenhaus der von Immigranten deutscher Herkunft bewohnten rechtsextremen Ansiedlung Colonia Dignidad in Chile von der Polizei wieder geschlossen.
Nach Meinung der chilenischen Behörden erfüllt die Klinik nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen und verfügt nicht einmal über eine Genehmigung zur Behandlung der Bevölkerung. Mit der gerichtlich verordneten Auflösung der Kolonie am 5. Dezember 1994 wurde so auch dieses Haus geschlossen. Für Klinikdirektor Hartmut Hepp war die Wiedereröffnung in der Vorwoche allerdings legal und die zeitweilige Schließung einfach nur wegen eines "Mangels an medizinischem Material" erfolgt.
Der Kolonie war schon im Februar 1991 durch den Erlaß Nr. 143 des Justizministeriums in Santiago de Chile der Status einer juristischen Person aberkannt worden, ihre Besitztümer sollten an die Methodistische Kooperation übergehen. Doch weil das Oberste Gericht Chiles dieses Urteil Ende 1992 für verfassungswidrig erklärt hatte, wurde es erst nach einem Berufungsverfahren Ende 1994 rechtskräftig.
Damit ist auch der Weg frei für eine Untersuchung der Rolle der 1961 gegründeten Kolonie während der Pinochet-Diktatur von 1973 bis 1990. Sie soll damals als Folterzentrum des Geheimdienstes DINA fungiert haben. Schon seit 1965 berichteten Zeugen u. a. von Naziritualen und von Kindern, die gegen ihren Willen festgehalten, in HJ-Manier erzogen, mißhandelt und sexuell mißbraucht worden seien. Die Kolonie, die über moderne landwirtschaftliche Produktionsanlagen, Flugpisten und Radiostationen verfügt, genoß den persönlichen Schutz Pinochets und erhielt auch staatliche Subventionen.
Die hinter Stacheldraht hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt lebenden und nur deutsch sprechenden Siedler lehnten bisher jegliche Zusammenarbeit mit den chilenischen Behörden zur Klärung der Vorwürfe ab. Als vergangene Woche die enteigneten Güter zwecks Übertragung auf die Methodistische Kooperation registriert werden sollten, wehrten sich die Bewohner der Colonia Dignidad gewaltsam dagegen. Victor Chavez, Gouverneur der Region Parral, ließ daraufhin das Eingangstor durch Polizeieinheiten öffnen.
Ob es mit den jüngsten Entscheidungen allerdings endgültig gelungen ist, die braune Bastion der Chiledeutschen zu schließen, bleibt unklar. Schließlich ist es der Colonia Dignidad mit juristischen Tricks, Klagen und der Rückendeckung sowohl chilenischer Rechter wie auch deutscher Politiker der CSU und vom rechten Rand der CDU bisher gelungen, allen Anläufen zur Schließung zu trotzen.
So sind die 13 000 Hektar Grundeigentum und praktisch alle Güter der Kolonie, das Krankenhaus eingeschlossen, längst einer vor dem Urteilsspruch noch eigens gegründeten Gesellschaft namens Abratec übereignet worden. Die Abratec wird geleitet von Gert Seewald, Hans-Jürgen Blank und Siegfried Hoffmann, der ehemaligen Führungsriege der 200 bis 300 Einwohner zählenden Kolonie. Auch Hartmut Hepp ist heute wie damals Direktor der Klinik, die mittlerweile von einem Kreis "Freunde der Colonia Dignidad" getragen wird.