Erst freudig empfangen, nun abgeschoben
Italien will Flüchtlinge nur als Billigarbeiter
Vor einigen Monaten waren die ersten albanischen Flüchtlinge von Politikern und Presse Italiens noch freudig empfangen worden. Die Industrie bot Arbeitsplätze an, Ministerpräsident Andreotti adoptierte – symbolisch aber werbewirksam – drei albanische Kinder, Italien schien entzückt. Doch nun soll Albanien eine „Demokratie“ sein, und zur Aufnahme von Flüchtlingen besteht kein Grund mehr.
Schon im Schatten des Golfkrieges schob Italien massenhaft Migranten aus Nordafrika ab. Insgesamt sollen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres über 40.000 Abschiebungen stattgefunden haben. 1990 hatte die Zahl bei etwa 7.000, in den Jahren davor selten bei mehr als 100 gelegen.
Italien, früher ein Auswanderungsland, ist seit etwa vier Jahren Einwanderungsland, vor allem für Menschen aus Nord- und Westafrika. Offiziell sind es bisher 1,6 Millionen, Hilfsorganisationen nennen zwischen 2 und 2,5 Mio. Der Großteil arbeitet im Sommer und in der Erntezeit ohne Absicherung unter schlechtesten Bedingungen und unterbezahlt als Tagelöhner in der Obst- und Gemüseernte, als „fliegende Händler“ in Touristengegenden und auf Baustellen im Süden. Außerhalb der Saison sind viele in kleinen und mittleren Unternehmen des Nordens beschäftigt und erfüllen schwerste oder gesundheitsschädliche Arbeiten.
Die meisten haben keine Bleibe, schlafen in Bahnhöfen oder Autos und sind ständig Polizeischikanen und rassistischen Überfällen ausgesetzt. Gerade in der Rechtlosigkeit und in der durch Wohnungslosigkeit bedingten Mobilität liegt ihr Nutzen für Italiens Wirtschaft. Durch die illegalen Billigarbeiter konnte sie ihre Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der EG ohne Modernisierung erhalten.
Ein Recht auf politisches Asyl hat es in Italien nie gegeben, nur während der 70er Jahre wurde es Flüchtlingen aus Chile und Vietnam gewährt. Nach restriktiven Ausländergesetzen, die im Sommer 1990 erlassen wurden, sollen verschiedene Ministerien „Einwanderungskontingente“ entsprechend dem Bedarf der Industrie festlegen. Die Einwanderung wurde auf Personen begrenzt, die festen Wohnsitz und Arbeitsplatz nachweisen können. Damit war klar, dass das von der Regierung gewünschte „Kontingent“ 1991 gegen Null tendieren sollte. Familienzusammenführung und die Bedingungen zur Erlangung eines Visums wurden für Personen aus der sogenannten Dritten Welt erschwert. Allein 1990 wurden 55.000 Menschen schon an der Grenze zurückgewiesen, weil sie keinen Nachweis „über Unterkunft und Lebensunterhalt“ erbringen konnten.
Die albanischen Flüchtlinge wurden zunächst bevorzugt empfangen, weil man die farbigen Immigranten durch sie zu ersetzen hoffte. Erst als deutlich wurde, dass die Albaner ein Leben beanspruchen, wie es ihnen das italienische Fernsehen jahrelang vorgeführt hat, wandelte sich die Politik zur restriktiven Abschiebepraxis.