Konzerne kassieren dank Bonner ‚Entwicklungshilfe’
Seit dem Wochenende präsentiert sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (MZ) mit fünf Infomobilen in Berlin. Dies ist nur die erste Etappe einer Werberundreise – vorwiegend durch die neuen Bundesländer -, in der das BMZ die Vorzüge deutscher „Entwicklungshilfe“ propagieren will. Doch wem wird hier geholfen, wenn als Folge der Schuldenlast die südliche Halbkugel dem Norden bereits mehr Geld überweist, als sie erhält. So zahlten im Jahre 1987 insgesamt 109 Staaten 123 Milliarden Dollar Schuldendienst an die Industrieländer, während sie von dort 84 Milliarden erhielten.
BMZ-Minister Spranger (CSU) erklärt offen, dass das wichtigste Ziel sei, die bundesdeutsche Industrie zu fördern. So kassiert Siemens für den Ausbau des Telefonnetzes in Bangladesh und Pakistan; deutsche Automobilhersteller verdienen am BMZ-finanzierten Aufbau eines LKW-Werkes in China; Bosch, Volkswagen, Daimler und der Waffenproduzent Heckler&Koch rüsten das guatemaltekische Militär für den Krieg gegen die Bevölkerung, das BMZ bezahlte. Etwa 90 Prozent der finanziellen Hilfe des BMZ gehen als Exportaufträge an die deutsche Wirtschaft zurück.
Damit der Geldfluß vom Süden in den Norden erhalten bleibt, sind Kredite vom Internationalen Währungsfond (IWF) an Auflagen gebunden, die im wesentlichen den Abbau von Sozialleistungen, Lohnkürzungen und die bedingungslose Einführung der Marktwirtschaft beinhalten. Dabei stimmt die Bundesregierung im IWF für solche „Strukturanpassungsmaßnahmen“ und gegen Schuldenerlaß. Das doppelte Spiel setzt sich auf allen Ebenen fort. Während das BMZ für Umweltschutz wirbt und sich Bundeskanzler Kohl für die „Rettung“ des Regenwaldes ausspricht, hilft die Weltbank, die Amazonasregion als billiges Abbaugebiet für Eisenerz, unter anderem für die BRD, zu erschließen. Wird einerseits die Öffnung der Märkte der sogenannten Dritten Welt als Bedingung für deren „Entwicklung“ genannt, tritt die Bundesrepublik mit anderen EG-Ländern im GATT für eine Abschottung europäischer Märkte gegen Produkte aus der „3. Welt“ ein.
In der letzten Zeit betont Minister Spranger immer wieder, Hilfe nur Ländern zukommen zu lassen, die sich um die Achtung der Menschenrechte bemühen und nicht über einen erhöhten Rüstungsetat verfügen. „Entwicklungshilfe“ ist jedoch auch ein politisches Instrument, und so wurden Ägypten, Jordanien, Syrien, Israel und der Türkei während des Golfkrieges knapp 2 Mrd. DM aus dem BMZ-Etat überwiesen. Uganda, Indien und China, Länder in denen die Achtung der Menschenrechte nicht gerade groß geschrieben wird, gehören ebenfalls zu den Hauptempfängern des BMZ. Angesichts der erst kürzlich bekanntgewordenen Zusammenarbeit zwischen der rechtsgericheten Inkatha-Bewegung und dem südafrikanischen Regime scheint interessant, dass die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung, vom BMZ finanziert, Ausbildungsprogramme für die für ihren Mordterror berüchtigte Inkatha leitete.
Doch verlagert auch das BMZ seine Aktivitäten immer mehr gen Osten, denn dort gilt es neue Märkte zu erobern. Gleichzeitig schotten BRD und EG ihre Außengrenzen immer mehr ab, genau gegen jene Menschen, denen das BMZ angeblich helfen will. Bleibt festzuhalten: Eine Entwicklungshilfe, die den Bedürfnissen der Bevölkerung der armen Länder und den wohlklingenden Ansprüchen des BMZ entsprechen soll, kann sich nicht an den Gewinnen der deutschen Industrie orientieren. Die (vom BMZ ausdrücklich abgelehnte) Schuldenstreichung ist dabei die erste und unabdingbare Vorraussetzung für das Überkleben und die Entwicklung der „3. Welt“.