Interview mit Dario Azzellini

Venezuela: „Es ist Falsch, von Hilfslieferungen zu reden“

In Venezuela geht es nicht um Hilfslieferungen und Demokratie, sondern darum, dass die US-Regierung ihren Hinterhof wieder unter Kontrolle bringen möchte. Ein Interview mit Dario Azzellini

marx21: Im Moment spielt der Streit um Hilfslieferungen in der Berichterstattung die Hauptrolle. Es ist von Hunger die Rede, von fehlenden Medikamenten. Wie ist die Versorgungslage in Venezuela?

Dario Azzellini: Komplex. Es herrscht kein Hunger. Die Lage ist nicht so schlimm, wie sie oft dargestellt wird. Wer Geld hat, bekommt alles. Die Oberschicht und Menschen, die Zugang zu Devisen haben, können gut leben. Für einen Großteil der Bevölkerung gibt es Lebensmittelpakete, die über staatliche Strukturen verteilt werden. Über 60 Prozent der Bevölkerung werden so versorgt (Nach unabhängigen venezolanischen Zahlen stieg der Anteil von 69,2 Prozent der Haushalte 2017 auf 87,9 Prozent 2018. Anmerkung der Redaktion). Dazu kommt der Unterschied zwischen Stadt und Land. Auf dem Land kann die Eigenproduktion die Versorgung besser sicherstellen als in den Städten. Insgesamt aber erfordert die Organisation des Alltags einiges an Phantasie, weil zum Beispiel Babynahrung, Windeln und bestimmte Lebensmittel nur auf dem Schwarzmarkt oder selten erhältlich sind.

Organisation des Alltags erfordert Phantasie

Viele andere Produkte sind für die arme Bevölkerung ohne Zugang zu Devisen sehr teuer und nicht erschwinglich. Die Menschen verbringen viel Zeit damit, Schlange zu stehen oder Geschäfte zu suchen, wo die benötigten Waren vorhanden sind. Ernsthafte Schwierigkeiten bestehen in der Versorgung mit Medikamenten und medizinischem Gerät. Das Land ist stark von Importen abhängig aufgrund der wirtschaftlichen Struktur, die im wesentlichen Erdölexport bedeutet. Darum kann es sein, dass es manche Produkte wochenlang nicht gibt. Trotzdem ist die Lage weit davon entfernt, für die arme Bevölkerung so problematisch zu sein wie in manchen anderen Ländern Lateinamerikas oder der Karibik, über die jedoch nicht gesprochen wird.

Viele, auch Kritikerinnen und Kritiker der Regierung, machen vorwiegend die US-Blockade für die schlechte Versorgungslage verantwortlich. Ist das richtig?

Die Knappheit liegt zum großen Teil an der Blockade. Die spanische Fluglinie Iberia hat erst kürzlich eine Ladung von Diabetes-Medikamenten nicht befördert – mit Hinweis auf die Sanktionen. Dafür kommen Medikamente aus Russland, China, Kuba und von der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation ins Land. Die Regierung kooperiert also durchaus mit internationalen Organisationen und ist bereit Hilfslieferungen anzunehmen.

Die Blockade und ihre Auswirkungen scheinen sich in den letzten Jahren verschärft zu haben. Woran liegt das?

Die ersten Sanktionen gegen Venezuela hat die Obama-Regierung 2015 verhängt. Anfangs trafen sie einzelne Personen, dann hat man sie ausgeweitet auf bestimmte Unternehmen. Trump hat die Sanktionen dann stark verschärft. Sämtliche Erdölgeschäfte sind verboten, Finanzgeschäfte, der Handel mit Gold und der Kryptowährung Petro. Dazu kommt die Besonderheit, dass sich die USA anmaßen, Unternehmen aus anderen Ländern zu sanktionieren. Deswegen haben inzwischen zum Beispiel auch europäische Banken venezolanische Gelder eingefroren aus der Befürchtung, Nachteile in ihrem US-Geschäft zu erleiden. Es gab auch schon vor 2015 alle möglichen Versuche, Venezuela zu blockieren, aber viele, auch europäische Länder haben kontinuierlich mit Venezuela gehandelt, dazu gehören Italien, Österreich und Portugal.

Welche Rolle hat Deutschland eingenommen?

Deutschland hat eher eine blockierende, aber erst jetzt eine aggressive Haltung eingenommen. Davor lief die Blockade eher durch Passivität. Die Wirtschaftsbeziehungen wurden nicht gefördert, es gab keine Unterstützung, es wurde nicht nach Wegen der Zusammenarbeit gesucht. Deutschland hat eine gewisse Sonderrolle, weil die beiden Parteien, die Venezuela zwischen 1958 und 1998 abwechselnd regierten, eng mit der CDU und der SPD verbunden sind. Durch den jahrzehntelangen Austausch sind politische Verbindungen entstanden, die heute noch existieren, wo die beiden Parteien zur rechten Opposition gehören. Wer damals mit Stipendien gefördert wurde, hat heute oftmals eine wichtige Position in Deutschland inne.

Der venezolanische Präsident Maduro bezeichnet die von seinem selbsternannten Widersacher Juan Guaidó organisierten Hilfslieferungen als Vorwand für ein bewaffnetes Eingreifen der USA mit dem Ziel, ihn zu stürzen. Ist das nicht übertrieben?

Es ist falsch, von Hilfslieferungen zu reden. Sowohl die Uno als auch das Rote Kreuz haben es abgelehnt, sich an Guaidós Projekt zu beteiligen und davor gewarnt, Hilfslieferungen zu politisieren. Es ist außerdem zynisch, auf der einen Seite Güter im Wert von ein paar Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen, die gewaltsam über die Grenze gebracht und mit rechten Netzwerken verteilt werden sollen, wenn man auf der anderen Seite Milliarden von US-Dollar auf venezolanischen Konten in den USA und Großbritannien beschlagnahmt.

Es geht nicht um Hilfslieferungen

Der ganze Aufwand ist zudem viel höher als der Wert dieser Güter. Wenn es um Hilfe ginge, hätte man die Güter der Uno übergeben können, dann hätten sie Venezuela ohne Probleme erreicht. Oder die Regierungen könnten Venezuela erlauben, die Medikamente mit seinem beschlagnahmten Geld zu kaufen. Das ist aber unter den Sanktionen verboten. Es geht nicht um humanitäre Hilfe, sondern um den Versuch der Eskalation, um einen Vorwand für einen militärischen Eingriff zu haben.

Die US-Regierungen haben Maduros Vorgänger Hugo Chávez 14 Jahre lang nicht gestürzt. Warum sollte US-Präsident Trump ausgerechnet jetzt Maduro stürzen wollen?

Um das zu verstehen, müssen wir die Lage kurz aus der Vogelperspektive betrachten. Die globalen Verhältnisse sind im Umbruch begriffen. Die Trump-Regierung hat den Anspruch der Bush-Regierung, eine unipolare Weltordnung zu schaffen, aufgegeben. Der Rückzug aus Syrien ist das jüngste Anzeichen. Im Hintergrund schwelt der Handelsstreit mit China. Die USA haben vor, Südamerika und die Karibik wieder vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Dafür ist Venezuela zentral.

Warum Venezuela?

Es geht dabei um zwei Dinge: Zum einen um Rohstoffe. US-Firmen sollen wieder Zugang zum Erdöl bekommen, die größten Reserven weltweit. Außerdem verfügt Venezuela über die zweitgrößten Goldvorkommen. Zudem ist Venezuela reich an seltenen Erden, die immer wichtiger werden und deren größter Produzent ausgerechnet China ist. Schließlich lagert auch noch eine große Menge Coltan in Venezuela, das für unsere digitale Technik entscheidend ist. Hinzu kommen die achtgrößten Gasvorkommen, Diamanten, verschiedene Erze, Süßwasser, Biodiversität…

Rechtsruck in Lateinamerika

Es geht aber um mehr. Venezuela ist nur der Anfang. Danach sind Nicaragua, Kuba und Bolivien an der Reihe. Dass sich jetzt alles auf Venezuela konzentriert, hängt damit zusammen, dass rechte und rechtsradikale Kräfte gerade große Teile Lateinamerikas unter Kontrolle bekommen haben, denken wir an Bolsonaro in Brasilien und Duque in Kolumbien, aber auch Macri in Argentinien. Jetzt soll der Moment in Venezuela kommen.

Das klingt fast, als ob es schon zu spät wäre.

Nein, die Situation ist durchaus labil, genau deswegen haben es die rechten und rechtsradikalen Kräfte so eilig.. Wäre nicht mit rechtlichen Konstrukten gegen Lula vorgegangen worden, hätte er wohl die Wahl gewonnen und nicht Bolsonaro. Macri hat sehr wenig Rückhalt und sieht sich ständigen Massenprotesten gegenüber, während Argentinien in einer umfassenden Wirtschaftskrise und Rezession ist. Duque hat nur knapp gewonnen. Gegen seine Wahl liegen im Übrigen eine riesige Anzahl lokaler Fälschungsvorwürfe vor, ohne dass sich eine von den Regierungen beschwert hätte, die jetzt freie Wahlen in Venezuela fordern. Die Befriedung des Bürgerkriegs in Kolumbien war von Obama eigentlich als Voraussetzung für ein militärisches Eingreifen in Venezuela gedacht worden. Doch der Friedensprozess mit dem ELN ist abgebrochen worden, das Abkommen mit der FARC wird nicht eingehalten, ein Teil der FARC hat sich nie demobilisieren lassen, andere Teile gehen schon wieder in den Untergrund.

Guaidó ist im Rahmen der Studierendenproteste gegen Chávez 2007 zum ersten Mal in Erscheinung getreten. In Deutschland verbindet man Studierendenproteste mit 1968 oder mit dem Protest gegen Studiengebühren. Wofür standen die jungen Menschen, die gegen Chávez auf die Straße gegangen sind?

Einer der Hauptgründe für den Start der Studierendenbewegung war die Entscheidung der Regierung Chávez, zum einen die Zugangsbeschränkungen zu den öffentlichen Unis abzuschaffen und zum anderen ein zusätzliches Universitätssystem zu schaffen, das einer halben Million Menschen ein Studium erlaubt hat, die vorher keinerlei Zugang dazu hatten. Die Studierenden haben das als Affront gesehen, als eine Entwertung der eigenen Elitenposition.

US-Statthalter Guaidó

Man muss dazu wissen, wie das Bildungssystem in Venezuela und fast allen lateinamerikanischen Ländern aussieht. Die Zugangsbeschränkungen an den öffentlichen Unis führen dazu, dass nur die Mittel- und Oberschichten Zugang dazu haben, weil sie sich die besseren Privatschulen leisten können, so dass die Kinder die Aufnahmeprüfungen an den öffentlichen Universitäten schaffen. Private Universitäten bieten fast immer minderwertige Abschlüsse gegen Bezahlung. Arme Familien legen dann zusammen, um einigen ihrer Kinder überhaupt einen Abschluss zu ermöglichen. Genau dagegen ist die Regierung Chávez vorgegangen und dagegen hat sich die Bewegung gerichtet. Die Eliten glauben, dass der Staat ihnen gehört.

Wie hat sich Guaidós Karriere nach 2007 entwickelt?

In Venezuela ist Guaidó im Prinzip unbekannt geblieben. Er hat in Virginia und Washington studiert, gefördert mit Stipendien. Wie oft er wirklich an der Uni war, ist unklar. Jedenfalls hat er auch Schulungen durch US-Think-Tanks, das bedeutet mehr oder weniger direkt durch den Geheimdienst erhalten. Mit anderen Worten: Er wurde konsequent als US-Statthalter ausgebildet und aufgebaut. In Venezuela hat er in der Opposition keinerlei Relevanz gehabt und ist der Bevölkerung völlig unbekannt gewesen. Er ist ja auch erst wenige Tage, bevor er sich selbst zum Präsidenten erklärt hat, zum Vorsitzenden der Nationalversammlung gewählt worden. Er wird genauso schnell in der Versenkung verschwinden, wie er aufgetaucht ist. Was soll die internationale Gemeinschaft auch mit einem Präsidenten, der weder im Militär noch in der Bevölkerung noch in der Opposition Rückhalt hat?

Guaidós Partei heißt Voluntad Popular, also Volkswille. Das klingt nach Demokratie. Wofür steht diese Partei?

Die Partei will die Kontrolle über den Staat als Verwalter des nationalen Reichtums zurück, weil die Geschäfte über den Staat laufen. Sie gehört zur rechten Sektion der Opposition. Eine Videoaufnahme aus Santiago de Chile zeigt das gut. Dort gab es eine Demonstration der venezolanischen Opposition gegen Chilenen, die vor der Botschaft Venezuelas gegen eine Intervention protestierten. Der Sprechchor der Opposition war: »Kommunisten! Schwuchteln! Dass eure Eltern umgelegt wurden, liegt daran, das sie bescheuert waren!« Das ist die venezolanische Opposition.

Was würde es für die Bevölkerung bedeuten, wenn sie an die Macht käme?

Ganz sicher wäre eine völlige militärische Eskalation die Folge. Es ist eine Sache, eine Regierung zu haben, die autoritär ist, für die Partizipation nicht im Vordergrund steht, aber unter der es Freiräume gibt, wie jetzt unter Maduro. Es ist eine ganz andere Sache, eine Regierung zu haben wie zum Beispiel in Kolumbien, wo du erschossen wirst, wenn du versuchst politisch oder auch nur selbstorganisiert zu arbeiten.

Massive Gewalt gegen die Bevölkerung

Genau das kündigt die Opposition an, die Rachegelüste sind groß. Eine rechte Regierung wäre ohne massive Gewalt völlig unmöglich durchzusetzen und aufrechtzuerhalten. An der Versorgungssituation würde sich überhaupt nichts ins Positive ändern. Für die Oberschicht gäbe es sicher alle Waren, aber die Lebensmittelverteilungen würden komplett wegfallen. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik würde auf Hungerkatastrophen wie auf Haiti hinauslaufen.

Außenminister Heiko Maas hat sich frühzeitig eindeutig auf die Seite Guaidós gestellt. Was verspricht sich die deutsche Regierung von dieser Parteinahme?

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie vielleicht einfach nicht begreift, was da los ist. Auch aus neokolonialer Perspektive ist da nichts zu holen. Es geht Trump ja nicht darum, die EU zu beteiligen. Es geht gerade darum, zu demonstrieren, dass Lateinamerika sein Einflussgebiet ist. Je deutlicher der Rückzug aus dem Nahen Osten und je drängender der Konflikt mit China, desto mehr werden die USA hier Stärke zeigen. Manchmal handeln Regierungen auch rein ideologisch, aber das ist hier nur schwer nachvollziehbar. Sicher ist, dass die deutsche Regierung so einen Konflikt in einer zunehmend multipolaren Welt anheizt, ähnlich wie vor dem Ersten Weltkrieg. Es gibt keine einzige internationale Institution, die Guaidó anerkannt hat. Selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat erklärt, dass die Anerkennung Guaidós wahrscheinlich völkerrechtswidrig war. Die Regierung hat sich selbst ins Abseits manövriert.

2002 gab es einen Putschversuch gegen den damaligen Präsidenten Chávez. Er  scheiterte binnen Stunden am Widerstand von Teilen des Militärs und daran, dass seine Unterstützerinnen und Unterstützer zu Tausenden protestierten. Warum ist Guaidós Putschversuch gegen Maduro nicht schon längst zusammengebrochen?

Nun, er ist ja bereits zusammengebrochen. Das Militär steht weiterhin hinter der Regierung, die Regierung ist nicht zerfallen, es gab keinen Volksaufstand… 2002 hatte der Putsch im Land Unterstützung in den Reihen des Militärs und der Unternehmer. Heute geht im Land selbst alles seinen regulären Gang. Im Moment findet der Machtkampf vor allem auf der internationalen Bühne statt. Ein weiterer Unterschied ist, dass Chávez damals viele Hoffnungen von Basisbewegungen auf sich gezogen hat.

Kritik an Maduro

In den letzten Jahren dagegen haben viele Basisbewegungen in einem Konfliktverhältnis zur Regierung gestanden. Die Hoffnung, dass die Regierung den Sozialismus einführt, gibt es nicht mehr. Gleichzeitig stehen aber die Basisorganisationen, die Strukturen der lokalen Selbstverwaltung wie kommunale Räte und Comunas, die Organisationen der Landarbeiter, Afro-Venezolaner und Venezolanerinnen, Basismedien, feministische Netzwerke klar auf Seiten der Regierung gegen eine Militärintervention und gegen jede Einmischung von Außen.

Wie stehen sie denn zu der Forderung nach Neuwahlen?

Was für freie Wahlen soll es geben, wenn die Opposition eine Invasion will und die USA damit drohen? Sie würden an der Lage auch nichts ändern, sondern die Bewegungen dazu zwingen, Wahlkampf für die Regierung zu machen. Die Forderung ist nicht besonders verbreitet, außer unter Liberalen im Ausland. Eine Alternative für sie wäre, die eigenen Regierungen unter Druck zu setzen, die Blockade zu beenden. Dann könnten die Bewegungen in Venezuela ihre Konflikte mit der Regierung austragen. In einer polarisierten Situation ist das viel schwerer. Rund um Chávez’ Tod gab es eine Zunahme von Landbesetzungen und Kämpfen um Betriebe. Mit dem wachsenden Druck von außen sind diese Kämpfe immer weiter in den Hintergrund getreten. Es ist kurzsichtig und arrogant, den Basisorganisationen zu sagen, sie sollten sich nicht auf die Seite der Regierung stellen, denn es geht darum, den Raum zu erhalten, in dem Kämpfe überhaupt möglich sind.

In den Medien kursieren Zahlen, wonach 80 Prozent der Menschen mit Maduro unzufrieden sind. Das mag übertrieben sein, klingt aber nach einem scharfen Gegensatz zu der Unterstützung, die Chávez genoss. Woran liegt das?

Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Es gibt dazu keine verlässliche Quelle. Dennoch genießt Maduro ganz sicher weniger Unterstützung als Chávez. Maduro hat viele Fehler gemacht, sei es in der Finanzpolitik oder in der Wirtschaftspolitik. Es ist nicht nur der äußere Druck Schuld an der Lage. Selbstverwaltung und Arbeiterkontrolle sind immer weiter in den Hintergrund geraten. Aber Druck von außen führt auch nicht dazu, dass kritische Diskussionen blühen, sondern dazu, dass Loyalität ein wichtigerer Faktor wird als politische Überzeugung.

Druck auf die deutsche Regierung

Viele linke Elemente und kritische Stimmen aus der Regierung und der Partei sind so marginalisiert worden. Auf der anderen Seite sind in den letzten drei Jahren weitere Öffnungen für Kapital und das extraktivistische Wirtschaftsmodell vorangetrieben worden – was aber eben auch eine neokoloniale globale Tendenz ist. Es gibt viele Gründe, mit Maduro unzufrieden zu sein. Aber im Allgemeinen schlägt das nicht um in Unterstützung für die Opposition, sondern es drückt sich einfach in der Ablehnung von Maduro aus.

Kannst Du Dir einen Ausweg aus der derzeitigen Misere vorstellen?

Der einzige Ausweg liegt darin, eine Situation herzustellen, in der die sozialen Bewegungen ihre Kämpfe wieder aufnehmen können. Es gibt auch jetzt Kämpfe, wie zum Beispiel Landbesetzungen, um staatliche Ländereien zur Eigenversorgung zu bewirtschaften. Aber diese Kämpfe richten sich nicht gegen die Regierung, in dem Sinne, dass es um ihren Sturz oder ihre Ablösung ginge. Es geht darum, die Regierung konkret dazu zu zwingen, eine Kurskorrektur zu vollziehen.

Welche Position sollten Linke in Deutschland einnehmen?

Sie müssten eigentlich Druck auf die eigene Regierung ausüben, dass sie die Anerkennung des selbsternannten Präsidenten zurücknimmt, dass sie sie Blockade von Venezuela beendet und die Beschlagnahme von Geldern aufhört. Und sie kann eine wichtige Rolle als Gegengewicht zu der abstrusen Desinformation und Propaganda in den Medien spielen. Das kann Freiräume schaffen. Zudem sollte sie in Kontakt mit Basisbewegungen in Venezuela treten und diesen zuhören und sie unterstützen.

(Die Fragen stellte Jan Maas.)

Foto: joegaza / Marx 21

 


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