Dario Azzellini & Oliver Ressler OCCUPY, RESIST, PRODUCE Vierkanal-Videoinstallation (2014-2018)
Im Rahmen der Ausstellung:
NACH DEM BEAUFSICHTIGEN DER MASCHINEN:
PERFORMANCE, INSTALLATION UND INTERVENTION IM ÖFFENTLICHEN RAUM:
Was kommt nach der Arbeit – nach jener Arbeit zumindest, die uns daran hindert, den „Geist mit anderen Dingen zu beschäftigen“? Anlässlich Friedrich Engels‘ 200. Geburtstag untersuchen rund zehn künstlerische Arbeiten im oberbergischen Engelskirchen das Erbe des einflussreichen Philosophen und politischen Aktivisten: Was bedeutet Arbeit heute, im Zeichen gravierender Krisen und Veränderungen? Wie sehr ist unser Leben von Arbeit durchwoben; ist gar das Leben selbst zu einer Form von Arbeit geworden? Und: Wer ist das überhaupt heute, die „arbeitende Klasse“ – in globalen Märkten und Netzen, digitalen Monopolen und neuen Klassenkämpfen?
Es wird präsentiert:
Dario Azzellini & Oliver Ressler
OCCUPY, RESIST, PRODUCE / Vierkanal-Videoinstallation (2014-2018). Gesamtdauer 131 Min.
Die Wirtschaftskrise, die um 2007 begann, führte zu massiven Entlassungen und ließ tausende von Arbeiter*innen zurück, die sich nur wenig Hoffnung auf einen neuen Job machen konnten. Ähnlich wie in den Jahren zuvor bereits in Lateinamerika, gab es plötzlich auch in Europa Fabrikbesetzungen.
Dabei dienten diese Besetzungen in den meisten Fällen gar nicht dazu, die Produktionsmittel dauerhaft unter die Kontrolle der Arbeiter*innen zu bringen, sondern waren vor allem ein Mittel im Arbeitskampf, um Schließungen oder Verlagerungen zu verhindern.
„Occupy, Resist, Produce“ konzentriert sich auf einige der seltenen Fälle gut organisierter Fabrikbesetzungen in Europa, die tatsächlich auf Kontinuität und Nachhaltigkeit angelegt waren. Arbeiter*innen kämpfen hier nicht nur um ihr wirtschaftliches Überleben, sie übernehmen die Initiative und werden zu Protagonist*innen. Überlieferte Hierarchien werden abgeschafft, horizontale Arbeitsbeziehungen entwickelt und direktdemokratische, kollektive Formen der Entscheidungsfindung erprobt. Die rückeroberten Arbeitsstätten erfinden sich neu und etablieren solidarische Verbindungen mit lokalen Communities und sozialen Bewegungen.
In den Räumen, in denen sich noch bis Ende der 1970er Jahre die Fabrik Ermen & Engels befand, geben vier Videos Einblicke in besetzte Fabriken in Mailand, Rom, Thessaloniki und Gémenos (nahe Marseilles). In allen vier Fällen fanden Arbeiter*innen Wege, ihre Arbeit unter eigene Kontrolle zu bringen. Im Mittelpunkt stehen die Versammlungen, auf denen Entscheidungen diskutiert und getroffen werden. Eindrucksvoll wird deutlich, dass es sich bei den Besetzungen nicht nur um einen ökonomischen Vorgang handelt, sondern um eine gesellschaftspolitische – ja, eine utopische – Aktion, die Produktionsmittel neu zu verteilen.
Die Videoarbeiten sind in dem ehemaligen fabrikeigenen Kraftwerk von Ermen-Engels zu sehen. Geschlossen wurde die 1937 gegründete Fabrik 1979, als der Konkurrenzdruck durch zunehmende Automatisierung und niedrigere Löhne auf anderen Kontinenten zu groß geworden war.
Der italienisch-deutsche Politikwissenschaftler, Soziologe und Dokumentarfilmer Dario Azzellini beschäftigt sich vor allem mit sozialen Bewegungen und Formen von Selbstverwaltung in Europa und Lateinamerika. Der österreichische Künstler und Filmemacher Oliver Ressler realisiert Installationen, Projekte im öffentlichen Raum und Filme über Demokratie, Klimakatastrophe, Formen des Widerstandes und soziale Alternativen.
LVR-Industriemuseum Kraftwerk Ermen & Engels | Hansastraße 18, 46049 | Oberhausen | Deutschland
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