Der Plan Puebla Panama soll den mexikanischen Süden befrieden und für den Weltmarkt fit machen
Frieden durch Kapital
Der mexikanische Südosten braucht den Fortschritt«, verkündete Mexikos Präsident Vicente Fox kürzlich vor zentralamerikanischen Unternehmern und den Gouverneuren der südlichen Bundesstaaten des Landes. Die illustre Runde war von Fox eingeladen worden, um der ersten öffentlichen Vorstellung des Industrialisierungs- und Modernisierungsprogramms Plan Puebla-Panama beizuwohnen.
»Gewalt ist keine Lösung«, fuhr Fox mit Blick auf die Zapatisten fort. Denn für seine Regierung liegt der Schlüssel zur Befriedung des unruhigen Südens in der umfassenden Markteinbindung und Kapitalisierung. Der Plan Puebla Panama solle gewährleisten, so Fox, dass die »Früchte der Globalisierung in allen Teilen Mexikos ankommen«. Bei einem Treffen mit Kolumbiens Präsidenten Andrés Pastrana und Venezuelas Staatschef Hugo Chavez Anfang April in Caracas stellte Fox das Projekt in den richtigen Kontext. Es sei »ein Schritt mehr auf dem Weg zu einem kontinentalen Freihandelsabkommen«, wie es unter dem Namen Free Trade Area of the Americas (FTAA) am kommenden Wochenende von den amerikanischen Regierungschefs in Quebec abgesegnet werden soll.
Mit dem Plan Puebla Panama will die Regierung Fox »mittelfristig einen grundlegenden strukturellen Wandel im Süden und Südosten des Landes einleiten«, heißt es in einem ihrer Dokumente. Von zentraler geostrategischer Bedeutung dafür ist der Isthmus von Tehuantepec. Nur etwa 300 Kilometer trennen hier den Golf von Mexiko vom Pazifik. Nach einer bereits vor mehreren Jahren von den Regierungen der beiden Bundesstaaten Oaxaca und Veracruz sowie dem nationalen Verkehrsministerium (SCT) in Auftrag gegebenen Projektplanung, soll als Rückgrat für ein regionales Industrialisierungsprojekt eine moderne Verkehrsverbindung zwischen den Ozeanen entstehen, die den Panama-Kanal entlastet. Die Eisenbahnstrecke durch den Isthmus soll für den Containerverkehr modernisiert und die Häfen sollen an ihren Endpunkten ausgebaut werden.
Die Landenge zählt zu den ökologisch wertvollsten und an Bodenschätzen reichsten Regionen Mexikos. Auf der Golfseite werden 90 Prozent des mexikanischen Erdöls gefördert. Andererseits ist der Isthmus aber auch eine der ärmsten ländlichen Zonen mit mehrheitlich indigener Bevölkerung. Im Osten stößt das rebellische Chiapas an den Isthmus, der im Westen von den konfliktreichen Bergregionen Oaxacas begrenzt wird; hier können die Revolutionäre Volksarmee (EPR) und andere Guerillagruppen auf eine bedeutende Basis zählen.
Entlang der modernisierten Transportwege sollen zahlreiche industrielle Projekte angesiedelt werden. Geplant sind insbesondere die Einrichtung von Exportproduktionszonen und Billiglohnindustrie, den so genannten Maquialadoras, sowie die Ansiedlung weiterer petrochemischer Betriebe. Ein Aspekt des Plans scheint auch die Migrationspolitik zu sein. Bisher zogen jährlich Hunderttausende Bewohner der Region auf der Suche nach Arbeit, die es in der Landwirtschaft nicht mehr gibt, nach Norden, um in die USA zu gelangen. Oft landeten sie dabei in den Billiglohnfabriken an der Grenze. Eine Maquiladorazone am Isthmus könnte den Migrationsstrom zumindest teilweise ablenken und auch viele MigrantInnen aus Zentralamerika aufnehemen, die auf dem Weg in die USA sind.
Eine Schlüsselrolle in der Entwicklung des Plan Puebla Panama spielt der Mulitmillionär Alfonso Romo, der Präsident des Unternehmenskonsortiums Grupo Pulsar. Der in mehr als 120 Ländern aktive Konzern, der einschließlich zahlreicher Subunternehmen über 100 000 Menschen beschäftigt, gehört zu den wichtigsten Produzenten von genverändertem Saatgut. In Südmexiko hat Pulsar gegen den Widerstand von Kleinbauern großflächige Monokulturen im Eukalyptusanbau für die Papierproduktion angelegt. Darüber hinaus hat das Unternehmen begonnen, in den Regenwäldern von Chiapas den biologischen Reichtum für Genforschungsvorhaben zu nutzen. Mitarbeiter von Pulsar und anderer Gentechunternehmen verschicken wöchentlich Hunderte von Proben zur Untersuchung in ihre Labors.
Der mexikanische Journalist Carlos Fazios sieht im Plan Puebla Panama den Versuch, die subsistenzorientierten Kleinbauern Südmexikos zu »proletarisieren«, um sie in »billige Arbeitskräfte für die transnationale Agroindustrie und den Maquila-Sektor« zu verwandeln. Damit sei das Projekt »das wirtschaftliche Gesicht des geheimen militärischen 'Plan Chiapas 2000'«, der 'freundlichen' Aufstandsbekämpfungsstrategie des Verteidungsministeriums«, schreibt er in der Tageszeitung La Jornada.
Mit dem Plan Puebla Panama versucht die neue rechtskonservative Regierung Mexikos, die anstehenden Verhandlungen mit den Zapatistas aus Chiapas für die wirtschaftliche Modernisierung zu instrumentalisieren. Fox will die Region befrieden, um die kapitalistische Inwertsetzung des mexikanischen Südens für die globalisierte Produktion zu ermöglichen.
Die von den Zapatisten geforderte Umsetzung der Vereinbarungen von San Andres über indianische Rechte und Kultur steht jedoch einem neoliberalen Modernisierungsprojekt diametral entgegen. Die Vorschläge der parlamentarischen Friedenskommission Cocopa sehen unter anderem eine Veränderung des Artikels vier der mexikanischen Verfassung vor. Nach der Reform würde es dem mexikanischen Staat nicht mehr zustehen, ohne die Zustimmung der indianischen Communities Eingriffe vorzunehmen, die ihr Lebensumfeld verändern. Selbst die Ausbeutung von Naturressourcen wie Erdöl wäre dann nur unter Einbeziehung der betroffenen Dörfer möglich.
Nun steht eine langwierige Auseinandersetzung an. Der Gouverneur von Chiapas, Pablo Salazar Mendiguchía, betont, der Plan wolle »zweifellos die ökonomischen Verhältnisse der Bevölkerung verbessern und für Wohlstand sorgen«. Fazio ist da ganz anderer Meinung. »Der Plan Puebla Panama ist die Antithese zu den Vereinbarungen von San Andres«, schreibt er in La Jornada vom 24. März.
Auch die Unternehmer sehen das Problem. Anfang März publizierte der größte mexikanische Unternehmerverband Coparmex eine Anzeige, in der Fox davor gewarnt wurde, dass eine Annahme des Abkommens mit den Zapatistas den »Tod des Plan Puebla Panama« bedeute. Nach dem Auftritt der Zapatisten vor dem mexikanischen Kongress Ende März forderte Coparmex, ebenfalls zu dem »Gesetz über indianische Rechte und Kultur« gehört zu werden, schließlich könne das Gesetz »Investitionen in bestimmten Regionen unmöglich machen«.
Bereits Mitte Februar hatte der guatemaltekische Kongress eine gemeinsame Truppenübung der US-amerikanischen- und der guatemaltekischen Armee in der Region El Peten, dem guatemaltekischen Grenzgebiet zu Chiapas, genehmigt. Der Peten schließt an den lakandonischen Urwald an, wo die Zapatistas einen guten Teil ihrer sozialen Basis haben. Am 18. Februar kommentierte der Journalist Juan Antonio Zuniga das Manöver in La Jornada: »Das Interesse der US-amerikanischen Streitkräfte und der Weltbank in der Region scheint mit dem Vorhaben der Regierung des Präsidenten Vicente Fox einherzugehen, den Südosten Mexikos in die kapitalistische Globalisierung zu integrieren.«
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