Venezuela: Millionen Unterschriften für Referendum gegen Wendehälse im Parlament
Erfolg für Chávez-Anhänger
Über vier Millionen Unterschriften sammelten Regierungsanhänger in Venezuela für eine Volksabstimmung gegen 37 oppositionelle Abgeordnete der Nationalversammlung, so das »Comando Ayacucho«, die Leitung der Kampagne. Sollten die Unterschriften vom Nationalen Wahlrat nach Überprüfung bestätigt werden, kommt es spätestens im März 2004 zu einer Volksabstimmung über den weiteren Verbleib der Parlamentarier in der Nationalversammlung. Zweifel daran gibt es kaum. Bei allen Abgeordneten wurde die notwendige Zahl der Unterschriften um 50 bis 150 Prozent übertroffen. Die Unterschriften waren vom vergangenen Freitag bis zum Montag gesammelt worden. Bei 18 der Abgeordneten, die jetzt zur Diskussion standen, handelt es sich um »Überläufer«, die als Kandidaten des Pro-Chavez-Bündnisses antraten und sich nach ihrer Wahl auf die Seite der Opposition schlugen.
Die Chávez-Regierung will mit den Volksabstimmungen ihre im Laufe der Zeit in der Nationalversammlung immer mehr zusammengeschmolzene Mehrheit wieder ausbauen. Damit soll die Blockadepolitik der Opposition geschwächt werden, die in den vergangenen Jahren die Verabschiedung von Gesetzen immer wieder über Monate hinweg verschleppte.
Internationale Beobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und des Carter Center, die im vergangenen Jahr versuchten, eine vermittelnde Rolle im Konflikt zwischen Regierung und Opposition in Venezuela einzunehmen, beobachteten auf Einladung des Nationalen Wahlrates (CNE) die Unterschriftensammlung und zeigten sich zufrieden und beeindruckt von dem »zivilen Klima«.
Tatsächlich kam es kaum zu Störungen der Opposition, hier und da verschwanden Unterschriftenlisten, in mindestens einem Fall versuchte die oppositionell geführte Stadtpolizei von Caracas, den Aufbau einer Unterschriftensammelstelle zu unterbinden. Im großen und ganzen blieb es jedoch erstaunlich ruhig. Befürchtungen eines gewalttätigen Klimas herrschen jedoch im Hinblick die Unterschriftensammlung der Opposition gegen Präsident Hugo Chávez und 33 Regierungsabgeordnete am kommenden Wochenende. Die 1999 in einer Volksabstimmung verabschiedete Verfassung sieht vor, das Amtsträger nach Ablauf der Hälfte der Amtszeit in einer Volksabstimmung wieder abgewählt werden können, wenn mehr Stimmen gegen sie ausgezählt werden, als die Anzahl, mit der sie bei den vorhergehenden Wahlen gewählt wurden. Zur Durchführung einer Volksabstimmung ist es notwendig, daß 20 Prozent der Wahlberechtigten unterschreiben.
In den vergangenen Wochen legten Abgeordnete der Regierungsparteien mehrmals Videos und aufgezeichnete Telefonate vor, die darauf schließen lassen, daß Teile der Opposition die Tage nutzen wollen, um Unruhen sowie Instabilität zu provozieren und möglicherweise einen neuen Staatsstreich durchzuführen. Bei letzten Putsch im April 2002 amtierte der selbsternannte Präsident Pedro Carmona, damals Vorsitzender des Unternehmerverbandes, keine 48 Stunden, bevor Millionen Menschen auf den Straßen und verfassungstreue Militärs den rechtmäßig gewählten Präsidenten Chávez wieder einsetzten.