Entscheidung des Wahlrates zu Volksbefragungen

Referendum zu Chávez im April?

Der venezolanische Nationale Wahlrat hat den Weg für Referenden gegen eine Vielzahl von Regierungs- und Oppositionspolitikern grundsätzlich freigemacht.

Venezuelas Präsident Hugo Chávez Frías muss sich eventuell einem Abwahl-Referendum stellen. Vom 28. November bis zum 1. Dezember hat die venezolanische Opposition Zeit, um 2,4 Millionen Unterschriften zu sammeln, die eine solche Abstimmung über die Absetzung des Präsidenten erzwingen würden. Von vielen Seiten wird jedoch bezweifelt, dass es der Opposition gelingt, so viele Unterschriften zu bekommen.

Gemäß der 1999 ebenfalls in einer Volksabstimmung verabschiedeten Verfassung können Amtsträger nach Ablauf der Hälfte der Amtszeit in einem Referendum abgewählt werden. Die Verfassung sieht vor, dass 20 Prozent der Wahlberechtigten dafür unterschreiben müssen. Sollte dies aber gelingen, könnte das Referendum über Chávez weitere Präsidentschaft im April 2004 stattfinden, so Oscar Bataglini, Mitglied des Nationalen Wahlrates (CNE) gegenüber dem Staatsfernsehen VTV. Die Entscheidung darüber sei aber noch nicht gefallen.

Bataglini erklärte zudem, der Rat halte die Anwesenheit von internationalen Beobachtern bei der Unterschriftensammlung für überflüssig. Die Opposition hatte mehrmals internationale Beobachter für alle Instanzen gefordert. Regierungskräfte waren bereit, dies zu akzeptieren. Berichte aus oppositionellen Medien, der Wahlrat sei in dieser Frage gespalten, wies Bataglini zurück. Alle Entscheidungen, seien bisher einstimmig getroffen worden.

Indes meldete sich auch das international häufig zitierte rechte private Meinungsumfrageinstitut Datanálisis zu Wort. Deren Direktor Luis Vicente León erklärte, 65 Prozent der Venezolaner lehnten die Regierung ab und die Popularität des Präsidenten sei auf 38 Prozent gesunken. Olga Dragnic, Direktorin der Nichtregierungsorganisation Medienobservatorium, bezeichnete indes solche Zahlen als Teil einer »Angstkampagne zur Vorbereitung eines neuen Putsches«. León machte vor einigen Monaten von sich reden, als er öffentlich erklärte, der einzige Weg, Chávez loszuwerden, sei ihn umzubringen.

In der Regel wird von einer Unterstützung für die Regierung Chávez von 50 bis 60 Prozent ausgegangen. Selbst diverse Wirtschaftsexperten der New Yorker Wall Street empfahlen zuletzt, von der Regierung Venezuelas herausgegebene Bonds zu kaufen. Die Sicherheit der Papiere sei sehr hoch und Chávez würde mindestens bis zum Ablauf seiner Amtszeit 2006 Staatschef bleiben.

In einer weiteren Entscheidung beschloss der Nationale Wahlrat einstimmig die Annullierung der Volksabstimmungen gegen sieben oppositionelle Gouverneure sowie gegen den Bürgermeister von Caracas, Alfredo Peña. Dieser war ursprünglich als Chávez-Kandidat gewählt worden, hatte aber dann schnell die Seiten gewechselt und sich sogar aktiv am Putschversuch gegen Chávez im April 2002 beteiligt.

Weiterhin Bestand haben aber 38 beantragte Volksabstimmungen über Abgeordnete der Nationalversammlung, die sich in vielen Fällen ebenfalls als Chávez-Anhänger wählen ließen und anschließend zur Opposition überliefen. Die Unterschriftensammlungen zu diesen Volksabstimmungen sollen vom 21. bis 24. November erfolgen. Im Gegenzug hat die ehemalige Regierungspartei Acción Democrática (AD) Anträge zu Volksabstimmungen über 33 Regierungsabgeordnete eingereicht.

Das Gerangel über mögliche Abwahl-Referenden ist ein weiteres Feld, auf dem die Opposition versucht, den ihr missliebigen Chávez aus dem Amt zu treiben. Im April 2002 schmiedete sie eine Medienkampagne, die in einem Putschversuch gegen den gewählten Präsidenten mündete, Ende desselben Jahres scheiterte auch ein »Generalstreik«, der in Wahrheit in den meisten Sektoren vor allem Unternehmerausstand war. Die Opposition bilden die traditionellen Eliten und Regierungsparteien, die für etliche Korruptionsskandale und die Verarmung von 80 Prozent der Bevölkerung verantwortlich sind.
(ND 03.11.03)


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