Wahlrat Venezuelas erklärt Mehrzahl der Unterschriften für Referendum gegen Chávez für ungültig
Rückschlag für Rechte
Der Nationale Wahlrat Venezuelas hat Ende vergangener Woche die Mehrzahl der von der rechten Opposition präsentierten Unterschriften für eine Volksabstimmung gegen Präsident Hugo Chávez für ungültig erklärt. Vor dem Sitz des Nationalen Wahlrates in Caracas feierten Tausende Anhänger der Regierung die Entscheidung. Die Opposition kündigte eine erneute landesweite Unterschriftensammlung für den 5. Oktober an.
Der Nationale Wahlrat – dem in Venezuela der Status einer zusätzlichen Staatsgewalt zukommt – bemängelte, daß die entwerteten Unterschriften bereits vor der von der Verfassung vorgesehenen Zeitspanne gesammelt worden waren und darüber hinaus zahlreiche Konzeptions- und Formfehler in der Fragestellung vorgelegen hätten. Die Opposition hatte bereits Ende 2002 mit der Unterschriftensammlung begonnen, weit vor Ablauf der von der Verfassung vorgesehenen Hälfte der Amtszeit des Präsidenten am 19. August diesen Jahres.
Der Nationale Wahlrat war erst vor etwa zwei Wochen vom Obersten Gerichtshof ernannt worden, nachdem die Entscheidung über seine Zusammensetzung in der Nationalversammlung von der Rechten blockiert wurde. Da der Oberste Gerichtshof mehrheitlich oppositionell besetzt ist, bestanden auf seiten der Regierungsanhänger Sorgen über mögliche tendenziöse Entscheidungen. Dennoch hatten sich Regierung und Präsident ausdrücklich auf eine Achtung des durch ihn ernannten Wahlrates festgelegt. Die Möglichkeit einer Volksabstimmung über den Präsidenten unterstreiche den demokratischen und partizipativen Charakter des venezolanischen Systems.
Bei den von der Opposition vorgelegten Unterschriften hatte allerdings nicht nur die Anzahl erhebliche Zweifel an ihrer Echtheit genährt – bei einer Gesamtbevölkerung von 24 Millionen Menschen sollten bis zu 3,2 Millionen Voten vorliegen –, auch die Tatsache, daß in den Wählerlisten Zehntausende Verstorbene aufgeführt waren und über 2000 Personen nie unterschrieben haben wollen, nährten Zweifel an der Seriosität des Vorhabens. Bereits vor Monaten waren Informationen an die Öffentlichkeit gelangt, wonach zahlreiche Personen von rechten Nichtregierungsorganisationen eingestellt wurden, um Namenslisten aus der Staatsverwaltung und aus Unternehmen in die Unterschriftenlisten zu übertragen.
Mit Spannung erwartet wird nun die Entscheidung des Wahlrates über 74 weitere Anträge auf Volksabstimmungen, die über das Schicksal von Gouverneuren und Bürgermeistern entscheiden sollen. Die Hälfte ihrer Amtszeit wurde bereits vor über zwei Monaten erreicht. Die hier angestrengten Abstimmungen richten sich fast ausnahmslos gegen oppositionelle Politiker wie Alfredo Peña, den Bürgermeister von Caracas.
Bei der Kampagne gegen Präsident Hugo Chávez hatte die Opposition, zwar lauthals nach einer Volksabstimmung zu rufen, gleichzeitig aber die notwendigen Schritte zur Umsetzung zu boykottieren. Die Strategie der Opposition baute in den vergangenen Monaten wesentlich darauf auf, entgegen aller Fakten den Eindruck zu vermitteln, daß ein Referendum sofort stattfinden könne und müsse. Daß dem nicht nachgekommen wurde, denunzierte sie im gleichen Atemzug als undemokratisch und diktatorisch. Sollte es der Opposition tatsächlich gelingen, in den nächsten Wochen genügend Unterschriften für ein Referendum zu sammeln, dann würde es allerdings immer noch einige Wochen in Anspruch nehmen, bis diese überprüft wurden und ein Referendum stattfinden könnte.