Venezuelas Vizepräsident Rangel: "Opposition zu allem bereit Kolumbianer in Aufstandspläne verwickelt
Warnung vor Siegesgewißheit
Wenige Tage vor dem Referendum um die Amtsenthebung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez am kommenden Sonntag führen die Unterstützer des Präsidenten und der linken Regierungskoalition ”Bewegung Fünfte Republik“ in allen seriösen Umfragen mindestens zehn Prozent vor den Befürwortern einer Abberufung. Eine am Mittwoch von der großen oppositionellen Tageszeitung ”El Universal“ veröffentlichte Umfrage, nach der 50 Prozent der Wahlberechtigten gegen Chávez und 44 Prozent für ihnen stimmen würden, stellte sich am gleichen Tag als gefälscht heraus: Félix Seijas, Direktor des ”Venezolanischen Instituts für Datenanalyse“, bestritt noch am Nachmittag kategorisch die von ”El Universal“ seinem privaten Institut zugeschriebene Urheberschaft der Umfrage, die er als ”unbekannter Herkunft“ bezeichnete. Derweil trat die Zeitung in ihrer Donnerstagausgabe Seijas‘ Dementi entgegen: Auch wenn das Institut die Umfrage nicht durchgeführt habe, und die Herkunft unbekannt sei, ”existiert sie physisch“ und sei ”keine Erfindung“.
Zuviel Siegesgewißheit sei trotz der für die Regierung positiven Umfragen nicht angebracht, sagte Chávez in seiner Fernsehsendung ”Aló Presidente“ am vorvergangenen Sonntag (1. August). Bisher hat die Opposition nicht einmal öffentlich erklärt, das Ergebnis des Referendums zu akzeptieren. Vizepräsident José Vicente Rangel hatte schon auf einer Kundgebung von Chávez-Anhängern in Caracas Mitte Juli vor einem ”Madrider Effekt“ gewarnt. Der Opposition könne jetzt nur noch ein besonders einschneidendes Ereignis kurz vor dem Stichtag 15. August helfen. Teile der Opposition seien ”zu allem bereit“.
Indes legte die Geheimpolizei Disip am 31. Juli ein Video vor, auf dem einer der im Mai verhafteten 133 kolumbianischen Paramilitärs Pläne zugibt, in den Präsidentenpalast einzudringen und Chávez zu ”köpfen“. Die Paramilitärs waren vor wenigen Wochen auf dem Gut des Exilkubaners Robert Alonso am Rande von Caracas in venezolanischen Armeeuniformen festgenommen worden. Unter ihnen befand sich auch der Kolumbianer José Ernesto Ayala Amado, der als ”Comandante Lucas“ den ”Bloque norte de Santander“ des kolumbianischen Paramilitärdachverbandes AUC anführt. Der Paramilitär legte ein ausführliches Geständnis ab. Er sei bereits Mitte April nach Venezuela eingereist und habe seine Instruktionen von dem venezolanischen Unternehmer Gustavo Zingg Machado, dem Besitzer des Landgutes Robert Alonso sowie von einem Militär erhalten. Gustavo Zingg nahm laut Disip auch an einem Treffen am 23. April im Vereinslokal des Country Clubs von Caracas teil, auf dem mit Exmilitärs und Unternehmern ein erneuter Umsturzversuch gegen Chávez besprochen worden sei. Bei dem Gespräch sei klargestellt worden, jede Aktion, die nicht mit dem Tode Chávez’ ende, sei als Niederlage anzusehen.
Nach Angaben des Paramilitärkommandeurs seien in die Verschwörung auch Regierungsmitglieder aus der oppositionell regierten Region Zulia, Viehzüchterverbände, die Migrationsbehörden des Bundesstaates Táchira sowie einige Angehörige der Nationalgarde verwickelt. Die kolumbianischen Paramilitärs, so Lucas weiter, seien von venezolanischen Expolizisten im Umgang mit dem leichten Sturmgewehr FAL ausgebildet worden. Es habe zum Plan gehört, in einem Überfall eine größere Anzahl der Gewehre, die von der venezolanischen Armee benutzt werden, zu rauben.
Als venezolanische Soldaten verkleidet, sei das Ziel der Paramilitärs gewesen, bewaffnete Auseinandersetzungen innerhalb der Armee zu provozieren, Regierungsziele anzugreifen und Mitglieder linker Basisgruppen im Armenstadtteil ”23. Januar“ in Caracas zu ermorden. Während Polizeieinheiten die Armee und Nationalgarde durch Aktionen binden sollten, hätten die Paramilitärs den Präsidentenpalast gestürmt. Laut Disip seien auch Liliana Hernández, Abgeordnete der von der konservativen deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützten Partei ”Primero Justicia“ (Zuerst Gerechtigkeit), sowie Rafael Marín, Exgeneralsekretär der den deutschen Sozialdemokraten nahestehenden Partei ”Acción Democrática“ (Demokratische Aktion), an dem Umsturzversuch beteiligt. Einige der Gesuchten wurden verhaftet, andere befinden sich auf der Flucht. Die involvierten Politiker streiten jede Beteiligung ab.