40 Arbeiter der "Snacks America Latina" halten seit August in Barquisimeto ihren Betrieb besetzt, weil ihnen das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren verweigert wird. "Snacks America Latina ist dabei wahrlich kein kleines Unternehmen, hinter dem Namen steht der transnationale Lebensmittelkonzern „Frito Lay“ (Mexiko/USA), der die auch in Deutschland erhältlichen „Doritos“ und weiteres Knabberzeug produziert" - schreibt Dario Azzellini in seinem jw-Lesereisebericht "David gegen Goliath" (eine leicht erweiterte Fassung des Berichts in der "Jungen Welt" vom 26. Oktober 2005)

Streik für Gewerkschaftsrechte - heute schon geknabbert?

David gegen Goliath
Arbeitskampf bei Knabbermulti in Venezuela

Dario Azzellini

Die Beschäftigten von „Snacks America Latina“ am Rande der Millionenstadt Barquisimeto in Zentralvenezuela halten seit 67 Tagen, seit dem 22. August ihren Betrieb besetzt, um ihre verfassungsgemäß gegründete Gewerkschaft und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die dritte JW-Lesereise war vor Ort, um sich über den Arbeitskampf zu informieren und sich mit den Beschäftigten zu solidarisieren.

Die Straße vor dem Betrieb ist mit Baumstämmen, Ästen, Eisenrohren und Autoreifen versperrt. Einige Arbeiter halten Wache, andere liegen in den Lieferwagen des Unternehmens auf Matratzen und schlafen. Die Nacht war kurz, schon um vier Uhr morgens tauchte eine Richterin, unterstützt von 60 Polizisten auf und versuchte dem Zweigstellendirektor und seinen Schlägertrupps Zugang zum Betriebsgelände zu verschaffen. Nur die Anwesenheit zahlreicher Arbeiter anderer Unternehmen und schließlich das Eingreifen der Nationalgarde konnten die Räumung verhindern.

Das Vergehen der Arbeiter besteht darin, im März eine Gewerkschaft gegründet zu haben. Der Direktor erkannte die Gewerkschaft nicht an, er begann die 40 der insgesamt 64 Beschäftigten, die sich in der Gewerkschaft zusammengeschlossen haben, zu bedrohen, zu drangsalieren und unter Druck zu setzen. Die Arbeiter schöpften alle legalen Mittel aus, doch der Direktor stellte sich stur und drohte mit Entlassung der Arbeiter oder Schließung der Niederlassung, falls die Arbeiter weiterhin auf die gewerkschaftliche Organisierung bestehen würden, also besetzten 40 Arbeiter das Unternehmen.

Tatsächlich gibt es bei „Snacks America Latina“ in ganz Venezuela keine Gewerkschaft, weder in den zwei Produktionsstätten, noch in den acht Vertriebslagern für Groß- und Einzelhandel. In einem ähnlichen Fall wurde vor einigen Jahren sogar als Antwort auf die Gewerkschaftsgründung eine Produktionsstätte in Caracas schlicht geschlossen.
„Snacks America Latina“ ist dabei wahrlich kein kleines Unternehmen, hinter dem Namen steht der transnationale Lebensmittelkonzern „Frito Lay“ (Mexiko/USA), der die auch in Deutschland erhältlichen „Doritos“ und weiteres Knabberzeug produziert. Allein der aktuell besetzte Vertrieb in Barquisimeto setzt umgerechnet eine Million Euro im Monat um. Die Beschäftigten erhalten dennoch alle nur den Mindestlohn von weniger als 170 Euro, selbst der Verantwortliche für den Groß- und Einzelhandel. Sie haben keine geregelten Arbeitszeiten, sondern nur ein Pensum, welches sie erfüllen müssen. „Das dauert manchmal mehr als zwölf Stunden“ berichtet Gewerkschaftssekretär Danny Correa, „und die Vertriebsfahrzeuge sind in einem lebensgefährlichen Zustand“ fügt er hinzu und zeigt uns einige schrottreif wirkende Kleinbusse, bei denen Motorteile, Außenspiegel und Scheinwerfer notdürftig mit Klebeband fixiert wurden.
Während wir in der Fabrik sind, bringt eine Delegation einer anderen, ebenfalls im bolivarianischen Dachgewerkschaftsverband UNT (Union Nacional de Trabajadores) – zu dem der DGB keine Beziehungen unterhält, obwohl es sich um den größten Venezuelas handelt – organisierte Betriebsgewerkschaft eine Lebensmittelspende vorbei. „Die UNT unterstützt ganz stark“, so Danny, „und auch der Gouverneur unseres Bundesstaates Lara und das regionale Parlament. Da es aber immer noch korrupte Richter gibt, müssen wir auf alles vorbereitet sein.“

Und sie sind auch zu allem bereit. Als wenige Tage vor dem Besuch der JW-Lesereise die Richterin in Begleitung der Nationalgarde versuchte, die Räumung durchzusetzen, drohten Danny und ein UNT-Kollege mit Selbstverbrennung. Der Kommandant der Nationalgarde, erklärte daraufhin die Richterin haftbar zu machen, falls jemand zu Schaden käme.
Darauf hin trat die Richterin den Rückzug an. Für wie lange ist nicht klar.

Solidarität mit den Streikenden in Barquisimeto

Kontakt zu den Streikenden: mailto:sintrasnackslara_01@hotmail.com


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