USA bilden Paramilitärs aus
Drohungen gegen Venezuela
Hugo Chávez eckt an in den USA. Vor allem mit seiner unabhängigen Außen- und Ölpolitik. Venezuelas Präsident verweigert der US-Luftwaffe die Überflugrechte, beteiligt sich nicht an Bushs "Anti-Terror-Allianz" und wendet sich gegen das geplante gesamtamerikanische Freihandelsabkommen ALCA. Venezuela setzt auf die Zusammenarbeit der Länder des Südens und hat die OPEC wieder geeint. Schließlich leitete der fünftgrößte Erdölproduzent der Welt auch noch eine weitreichende Kooperation mit Kuba in die Wege. Am wenigsten schmeckt den USA das hohe Ansehen, das das venezolanische Projekt in Lateinamerika genießt. Zumal Chávez in den vergangenen Monaten immer deutlicher vom "Sozialismus als einziger Alternative zum Kapitalismus" spricht. Das will man in Washington offenbar nicht hinnehmen.
Bereits in den Putschversuch im April 2002 waren die USA tief verstrickt. Als US-Botschafter residierte damals in Venezuelas Hauptstadt Caracas Charles Shapiro, der eifrigen Kontakt zu den Putschisten pflegte. Shapiro arbeitete während des salvadorianischen Bürgerkrieges von 1983 bis 1988 als CIA-Verbindungsmann in der US-Botschaft in San Salvador. Damals unterstützten der venezolanische Militärgeheimdienst DISIP und Exilkubaner der CIA salvadorianische Todesschwadronen. Am 12. April 2002 suchte Shapiro Pedro Carmona, der sich nach dem Putsch zu Chávez Nachfolger ernannt hatte, im Präsidentenpalast auf. In der Kaserne Fuerte Tiuna, in der man Chávez festgesetzt hatte, hielten sich zu Beginn des Putsches auch zwei ranghohe US-Militärs auf. Einer der beiden, US-Oberstleutnant James Rodgers, stand in ständigem Kontakt zu den Putschisten. Zeitgleich wurden auch die US-Streitkräfte in Kolumbien und in der Karibik in Einsatzbereitschaft versetzt.
Ein besonders brisanter Fall von US-Aktivitäten gegen Chávez ist das Unternehmen INTESA (Informática, Negocios y Tecnología, S.A.), das als Subunternehmen des staatlichen Erdölbetriebs PDVSA seit 1999 für die Software und Steuerung in PDVSA zuständig war. Obwohl das INTESA-Kapital allein von der PDVSA stammt, gehört das Unternehmen zu 60 Prozent dem US-Konzern Science Applications International Corporation. Das könnte der Grund dafür sein, daß im Dezember 2002 und Januar 2003, als Venezuelas Unternehmer versuchten, die Wirtschaft des Landes lahmzulegen, die Software bei PDVSA sabotiert wurde. Über Wochen konnte kaum Erdöl exportiert werden, und der Staat verlor mehrere Milliarden US-Dollar. Der damalige PDVSA-Vorsitzende Luis Giusti hat heute bei George W. Bush einen Berater-Posten.
2005 scheint man sich in Washington erneut auf Chávez einzuschießen. Dazu paßt, daß US-amerikanische Journalisten vom Pentagon für die Diskreditierung Venezuelas bezahlt werden, wie jetzt bekannt wurde. Zugleich deutet vieles daraufhin, daß die venezolanische Opposition, mit Unterstützung aus Kolumbien und wohl auch aus den USA, paramilitärische Strukturen im Land aufbauen. Anfang Oktober 2004 äußerten venezolanische Regierungsangehörige, sie besäßen Informationen, wonach US-Militärangehörige in Kolumbien Paramilitärs ausbilden würden. Aus den USA gab es kein Dementi. Die kolumbianischen Paramilitärs (AUC) hatten bereits vor etwa zwei Jahren angekündigt, den Aufbau venezolanischer Paramilitärs zu unterstützen. Erst im Mai 2004 wurden etwa 130 Angehörige der AUC auf dem Gut eines Exilkubaners am Rande von Caracas verhaftet. Sie trugen venezolanische Armeeuniformen. Mit dabei war ihr Anführer, der als José Ernesto Ayala Amado, alias "Comandante Lucas", identifiziert wurde. Er ist auch der Führer des "Bloque Norte de Santander" vom kolumbianischen Paramilitärdachverband. Auf einem von der Geheimpolizei DISIP später vorgelegten Video erklärte dann einer der Verhafteten, sie hätten den Auftrag gehabt, in den Präsidentenpalast einzudringen und Chávez zu "köpfen".
Völlig unbehelligt von den US-Behörden bereiten sich zudem in Florida venezolanische Oppositionelle auf die "Beseitigung" von Chávez und auf bewaffnete Angriffe gegen Venezuela vor, wie sie selbst freimütig erklären. Im Trainingscamp Homestead, das den antikubanischen Terrorkommandos F-4 gehört, geht die rechtsextreme Junta Patriótica Venezolana ein und aus.
Dario Azzellini lebt als Autor und Filmemacher in Berlin. 2003 erschien bei Assoziation A sein Buch "Das Unternehmen Krieg", in dem er über Paramilitärs, Söldnerunternehmen und die Privatisierung des Krieges schreibt