Eine Amnestie wird Haiti keine Stabilität bringen
Mord straffrei?
Fünf Menschen starben, als ein Zivilpolizist die Bombe in eine Demonstration von Aristide-Anhängern warf. Die Demonstranten erkannten den Täter, doch die US-Militärs waren rechtzeitig zur Stelle, um den Mörder mit Waffengewalt vor der aufgebrachten Menge zu schützen.
Es ist genau das eingetreten, was die haitianische Linke befürchtet hatte. Der faule Kompromiß, der geschlossen wurde, läßt den Militärs genug Raum, um weiter zu agieren. Attachés und Todesschwadronen wurden nicht entwaffnet, und die US-Armee ist damit beschäftigt, Aristides Lavalas-Bewegung im Zaum zu halten. Washington möchte jene Armee Haitis erhalten, die man ja ausbilden ließ. Daher auch die von Aristide abgelehnte Amnestie-Regelung.
Die Amnestie soll zur Stabilität Haitis beitragen, "private Racheakte" sollen vermieden werden. Die Argumentation wirkt zynisch. Die Bevölkerung Haitis wurde, bevor sie Aristide zum Präsidenten wählte, von Attachés, Militär und Polizei jahrelang geknechtet und gemartert. Bei der erstbesten Gelegenheit putschten diese und verstärkten nur noch die Repression. Nun sollen ihre Strukturen nicht angetastet werden und die Täter straffrei ausgehen?
Die Angst der Haitianer davor, daß das Töten weitergeht, ist berechtigt. Stabilität kann es auf Haiti nicht geben, solange die Verantwortlichen für über 3000 Morde frei herumlaufen, solange der Machtapparat, auf den sie sich stützen, fortexistiert.