Die Linke gewann zwar Italiens jüngste Wahlen, doch bis zu 45 Prozent votierten rechts
Die PDS ist auf dem Weg zur verwaisten Mitte
Es waren Kandidaten linker Bündnisse, die sich jüngst bei den Kommunalwahlen in Italiens größten Städten durchsetzten. Im Süden gewannen sie gegen die neofaschistische Soziale Bewegung (MSI), im Norden gegen die rechtspopulistische Lega . Die Linke jubelt, die Medien warnen seither vor der "Rechts-Links-Polarisierung". Doch wie links und wie stark sind Italiens Linke wirklich? Und wer sind die Rechten?
Die Linksbündnisse bestehen aus den KP-Nachfolgern Partei der Demokratischen Linken (PDS) und Rifondazione Comunista (RC), den humanistischen Linkskatholiken der Anti-Mafia-Initiative Rete und den Grünen. Größter Partner ist die PDS, sie stellte auch die meisten der Kandidaten. In der Presse als "linksradikal" bezeichnet, bildet die PDS jedoch wohl eher die neue Mitte. Als Vorbild gelten ihr schließlich programmatische Vorstellungen der SPD. Die Umbenennung der IKP in PDS vor wenigen Jahren war eigentlich nur die Konsequenz eines langen Weges zur Sozialdemokratie, den die Partei bereits mit Ende des zweiten Weltkriegs einschlug, um irgendwann an der Macht beteiligt zu werden. So kündigte die PDS denn auch als beruhigendes Zeichen an die Wirtschaft "ein entschiedenes Vorgehen in Arbeitsfragen" an, und ihre Kandidaten wurden teilweise von der Industrie unterstützt.
Als einzige "sozialistische Kraft" in den Linksbündnissen ist die ebenfalls aus der KP hervorgegangene Rifondazione Comunista (Kommunistische Neugründung) anzusehen. Sie ging aus den Kommunalwahlen gestärkt mit etwa 10 Prozent der Stimmen hervor. Welchen Weg die RC jedoch einschlagen wird, ist schwer abzuschätzen. Bisher ist sie ein Sammelbecken für alte Kader-Kommunisten und undogmatische, "bewegungsorientierte" Linke ebenso wie für außergewerkschaftlich organisierte Arbeiter und die kleine ML-Partei Democrazia Proletaria , die in Rifondazione aufging.
Die linkskatholische Rete steht für eine "sozial verträgliche" Politik und ist auf der Suche nach einem neuen Profil, nachdem sie nicht mehr Alleinvertreterin des Anti-Mafia-Kampfes ist. Die Grünen schließlich besiegelten den "großen Deal". Sie unterstützten die Kandidaten der linken Bündnisse in ganz Italien, im Gegenzug verhalf das Bündnis dem Grünen Rutelli in Rom zur Macht. Wie links seine Politik sein wird, steht noch in den Sternen, war er doch jahrelang Vorsitzender der humanistisch-liberalen Radikalen Partei , die durch geschickte PR-Aktionen und einen politischen Schlingerkurs Aufsehen erregte. Ihre Ex-Kandidatin, Porno-Star Cicciolina, sprach sich in Neapel gar für die Faschistin Alessandra Mussolini aus.
Im Freudentaumel sollte Italiens Linke nicht übersehen, daß im zweiten Wahlgang meist nur die Wahl zwischen Rechtsextremen und Linksbündnis bestand, und da ist es eher beängstigend, daß sich 40 bis 45 Prozent für die Rechte entschieden. Die Ergebnisse der Parteien der Linksbündnisse lagen dagegen insgesamt um 35 Prozent. Abseits der großen Städte haben die Rechten auch Mehrheiten erzielt: In Latina und Chieti bei Rom bekam MSI über 57, in Benevent bei Neapel gar 71,5 Prozent. Die rechtspopulistische Lega konnte in Norditalien die Bürgermeisterposten von Lodi und Alessandria hinzugewinnen.
Doch in der Rechten herrscht keine Harmonie. Denn während die Lega für die Aufteilung Italiens (Nord, Mitte, Süd) eintritt, ist die MSI stramm einheitsnationalistisch. Sie trat nach dem zweiten Weltkrieg die Nachfolge derer an, die nach Mussolinis Tod versuchten, das faschistische System zu erhalten. Mit ihnen verbündeten sich bald auch die Monarchisten. Fini, Führer der MSI, macht kein Hehl daraus, daß er die Werte des Faschismus schätzt und Mussolini für den größten Staatsmann des Jahrhunderts hält. Die Presse verniedlicht diese Positionen und meint, es könne etwas aus ihm werden, wenn er "seine nostalgischen Torheiten läßt" (FAZ). Die MSI verfügt auch über gute Kontakte zu militanten Rechten, und so waren während der Wahlen stets faschistische Splittergruppen zu sehen. Sie trugen italienische Fahnen mit dem Motto des faschistischen Terrors: Boia chi molla „Zum Henker mit dem, der aufgibt.“