Saubermann
Leoluca Orlando, Begründer der Anti-Mafia-Partei Rete (Netz), wurde mit über 70 Prozent der Stimmen zum neuen Oberbürgermeister von Palermo gewählt. Diesen Posten bekleidete er bereits von 1985 bis 1991 damals für die Christdemokraten. Der heute 48jährige machte sich seinerzeit daran, den mafiösen Filz in Siziliens Metropole zu beseitigen, feuerte sogar die "sozialistische" PSI aus der Stadtregierung und teilte sich die Macht mit den Kommunisten.
Leoluca Orlando, adliger Herkunft, katholisch, aber nicht vatikanorientiert, Gewerkschafter, Akademiker und Humanist, ist allgemein beliebt. Er mischte sich während seiner ersten Amtsperiode unter die Bevölkerung, diskutierte mit Jugendlichen und hatte keine Berührungsängste gegenüber sozialen Bewegungen. Doch er war in der DC umstritten, und einige Christdemokraten verließen unter dem Vorwurf des autoritären Führungsstils die Partei. Auch sein entschiedenes Vorgehen gegen Korruption war nicht gern gesehen, und so wurde er 1991 auf Befehl aus Rom von seinem Posten entfernt. Er gründete daraufhin die linkskatholische Rete , die unter dem Banner des Kampfes gegen die Mafia antrat. Leoluca Orlando wurde schnell zur Symbolfigur und zum Hoffnungsträger der Sizilianer.
Seine exponierte Stellung im Anti-Mafia-Kampf veränderte auch sein Leben, vom "Politiker zum Anfassen" wurde er zum bestgeschützten Mann Italiens: 44 Leibwächter bewachen ihn rund um die Uhr, niemand erfährt, wo er sich gerade befindet und auf welchem Wege er sich wohin bewegen wird. Und eine weitere Frage drängt sich auf: "Was soll Palermo mit einem Anti-Mafia-Bürgermeister, wenn die Mafia nicht mehr das Hauptproblem darstellt?", fragte unlängst ein Student während einer Diskussion. Eins steht fest von Leoluca Orlando wird viel erwartet, und es erscheint fraglich, ob er die Mafia bezwingen, die soziale Misere beheben, die bis zu 40prozentige Arbeitslosigkeit beseitigen und noch alles andere erledigen kann, was sich die Bevölkerung von ihm erhofft.