Vorschlag der Weltbank: 100 Dollar gegen den Hunger
Zynisch
Gestern begann in Washington eine Welthunger-Konferenz der Weltbank. Ein Treppenwitz der besonderen Art: Die Institution, die den Hunger in der Welt maßgeblich mitproduziert hat, will ihn nun überwinden. Jeder Dritte auf der Erde lebt heute in Armut, eine Milliarde Menschen hungern.
So nötig neue Konzepte wären von der Konferenz sind sie nicht zu erwarten. Schon die Entscheidung der Weltbank, künftig nicht mehr nur an Regierungen, sondern auch an Finanzinstitute, die Kleinkredite anbieten, Geldmittel zu vergeben, wird als Erfolg offeriert. Darlehen von 100 Dollar pro Person, vermeldet man zynisch, könnten "Betroffenen aus der Armut helfen". Ehrlicher wäre es zuzugeben, daß mit 100 Dollar die Menschen den Programmen der Weltbank etwas länger als Billigarbeiter und Rohstofflieferanten erhalten bleiben.
Sonst bleibt alles beim Alten. Als hätte es in den letzten 20 Jahren keine Massenverelendung in der sogenannten Dritten Weltgegeben, als hätte der trostlose Werdegang des in den 70er Jahren mit Weltbankkrediten vollgepumpten Brasiliens nicht auch den letzten Markt- und Wachstumsfetischisten belehren müssen. Alte Konzepte werden neu aufgewärmt: Marktwirtschaftliche Reformen sollen die Wirtschaft anheizen, höheres Wachstum den Welthunger reduzieren. Als Vorbild werden die südostasiatischen "Tiger" präsentiert. Daß der Kapitalismus die Verlierer, die Ausgebeuteten zum Funktionieren braucht, und es daher nicht allen gut gehen kann, verschweigt die Weltbank. Schließlich vertritt sie die Interessen der Haben-Seite.